Die Euro-Tandem-Tour wird fortgesetzt und macht Halt in Edesheim. Bei diesem Zwischenstopp wurde ein wichtiges Anliegen für Menschen mit Sehbehinderung ins Rampenlicht gerückt. Monika Nölting, die Vorsitzende des Beirates für Menschen mit Behinderungen im Landkreis Northeim, überreichte eine Forderungsliste an die Organisatoren der Tour, die HEM-Schwerger-Stiftung. In ihrer Ansprache machte sie deutlich, dass viele Menschen nicht verstehen, was eine Sehbehinderung wirklich bedeutet und die Herausforderungen, mit denen Betroffene täglich konfrontiert sind, oft übersehen werden.
Eine Anekdote aus einer Selbsthilfegruppe verdeutlichte die Problematik. Eine Frau, die im Supermarkt nach dem Inhalt eines Etiketts gefragt hatte, erhielt die unverständliche Antwort: „Können Sie nicht lesen?“ Solche Erfahrungen zeigen auf, dass Hilflosigkeit und Missverständnisse im Alltag alltäglich sind. Nölting betonte, dass es wichtig ist, das Bewusstsein für diese Thematik zu schärfen, da viele Menschen mit Sehbehinderungen nicht blind sind, sondern Schwierigkeiten haben, Texte zu lesen oder Entfernungen und Objekte zu erkennen.
Forderungen zur Verbesserung der Unterstützung
Das ausgearbeitete Forderungspapier enthält zahlreiche Maßnahmen, die die Lebensqualität von Menschen mit Sehbehinderung erheblich verbessern könnten. Dazu gehört die Sensibilisierung von Behörden und aus dem Einzelhandel sowie die Verbesserung der Zugänglichkeit in öffentlichen Gebäuden. Das Papier fordert auch barrierefreie Mobilitätsangebote, wie etwa Unterstützung beim Umgang mit Fahrkartenautomaten und bei der Auslegung von Fahrplänen. Um das Verständnis in der Gesellschaft zu fördern, sind Schulungen für Angehörige, welche die jeweiligen Krankheitsbilder betreffen, ebenfalls von großer Bedeutung.
Nölting wies darauf hin, dass Lichtempfindlichkeit zusätzliche Herausforderungen im Alltag für Menschen mit Sehbehinderungen mit sich bringt. „Es müssen neue Wege geebnet werden“, sagte sie, um das tägliche Leben für diese Menschen zu erleichtern.
Langfristig sieht der Beirat die Notwendigkeit, Hilfen auf Landesebene zu verankern. Dies schließt die Früherkennung von Sehverlust ein, um rechtzeitig eingreifen zu können, sowie die Vereinfachung des Bestellprozesses von Hilfsmitteln. Ein zentraler Punkt sind auch Forderungen nach einem Nachteilsausgleich für Sehbehinderte und bedarfsgerechte Selbsthilfeangebote.
Nölting berichtete, dass es in Niedersachsen derzeit etwa 195 Beiräte und Beauftragte für Menschen mit Behinderungen gibt, jedoch nur fünf Beratungsstellen speziell für Menschen mit Sehbehinderung. Dies verdeutlicht das dringende Bedürfnis nach mehr Ressourcen und Unterstützung für diese Gruppe.
Ein weiteres Problem ist der Nachwuchsmangel in den Selbsthilfegruppen. Viele Mitglieder sind Senioren, und schon seit zwei Jahren wird nach jüngeren Mitgliedern gesucht. „Es wird oft vergessen, dass eine Sehhinderung bereits mit dem Tragen einer Brille anfangen kann“, so Nölting, und appellierte an die Bedeutung, auch jüngere Menschen für die Thematik zu sensibilisieren.
Während des Stopps versorgten die Organisatoren die Teilnehmer der Euro-Tandem-Tour mit Getränken und Snacks. Neben dem Beirat für Menschen mit Behinderungen waren auch Mitglieder des Kreissportbunds und lokale Politiker anwesend, darunter Bürgermeister Simon Hartmann.
Die Euro-Tandem-Tour, die von Horst und Maren Schwerger ins Leben gerufen wurde, umfasst insgesamt acht Etappen mit einer Gesamtlänge von 910 Kilometern. Die Teilnehmer bewegen sich mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 22 km/h und bewältigen täglich Strecken von 85 bis 144 Kilometern. Diese Tour begann ursprünglich im Jahr 1998 als Idee von Horst Schwerger, der selbst von einer Sehbehinderung betroffen ist, mit einer ersten Strecke von 700 Kilometern von Berlin nach Bonn.