In den letzten Wochen hat ein natürlich wirkender Bach im malerischen Schmelztal, das sich durch das Siebengebirge schlängelt, die Aufmerksamkeit von Wasserexperten und städtischen Behörden auf sich gezogen. Der Ohbach, der mit seiner friedlichen Strömung für Entspannung und Idylle sorgt, kann jedoch bei Starkregen und Hochwasser auch zur Bedrohung werden. Dies beschäftigt nun den Wasserverband Rhein-Sieg-Kreis, der die Sicherheit des Hochwasserrückhaltebeckens Ohbach in den Blick nimmt.
Der Geschäftsführer des Wasserverbandes, Oliver Thiele, hat kürzlich vor einem Umweltausschuss in Bad Honnef über die aktuelle Situation des Beckens berichtet. Während der Präsentation fiel das alarmierende Wort „Dammbruchgefahr“. Dies führte dazu, dass sich die Anwesenden ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen mussten, wie es um die Sicherheit des Bauwerks bestellt ist.
Hochwasserrückhaltebecken und seine Rolle
Das Hochwasserrückhaltebecken wurde in den späten 1960er Jahren gebaut und hat seitdem die Aufgabe, übermäßige Wassermengen während starker Regenfälle aufzufangen und abzuleiten. Das Becken kann bis zu 14.000 Kubikmeter Wasser speichern, bevor es über einen Überlauf in den Ohbach weitergeleitet wird. Diese Maßnahme soll verhindern, dass das umliegende Siedlungsgebiet unter Wasser steht. Die Bedeutung dieser Struktur wird besonders dann klar, wenn man bedenkt, dass starkes Regenwasser gefährliche Überschwemmungen verursachen kann.
Doch wie Oliver Thiele betont, entspricht das Becken nicht mehr den aktuellen technischen Standards, und diese Situation muss angegangen werden. Die Wissenschaftler berücksichtigen bei ihren Überlegungen für notwendige Änderungen das sogenannte „100-jährige Hochwasser“, während das Becken gegenwärtig nur 7 Prozent der Wassermassen abfangen kann, die bei solch einem Ereignis zu erwarten sind.
Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der Konstruktion des Damms. Laut Thiele wurde festgestellt, dass der Damm nicht für Überströmungen ausgelegt ist. Sollte es zu einem unerwarteten Anstieg des Wassers kommen, könnte der Damm brechen, was katastrophale Folgen hätte.
Der Plan zur Sicherung und Verbesserung
Als vorübergehende Lösung schlagen die Experten vor, die Dammkrone abzusenken und eine Notüberlaufscharte zu vergrößern. Diese Änderungen könnten es ermöglichen, das Wasser effizienter abzuleiten und gleichzeitig die Stabilität des Damms zu gewährleisten. Ein zusätzliches Element dieser Strategie besteht darin, dem Ohbach mehr Platz zur Verfügung zu stellen, damit er sich in der Breite ausdehnen kann. Dies würde die Strömung beruhigen, was wiederum das Risiko von Überschwemmungen im Bereich des Dammes verringern würde.
Die geplanten Veränderungen sind jedoch nicht die einzige Maßnahme. In einem umfassenden Ansatz zur Hochwasservorsorge werden auch in den Siedlungsgebieten Engpässe identifiziert, die durch jahrzehntelange Bebauung entstanden sind. Insgesamt vier Gebiete in Selhof wurden ermittelt, in denen der Bach verbreitert werden könnte, was möglicherweise den Grundstückseigentümern einige Herausforderungen bereiten könnte.
Das langfristige Ziel der Wasserexperten ist das Bau eines neuen Hochwasserrückhaltebeckens im nahegelegenen Mucherwiesental, das dem Ohbach zusätzlich Wasser zuführen könnte. Diese Kombination von Maßnahmen könnte die gesamte hydraulische Leistungsfähigkeit des Gewässers erheblich verbessern.
Die Kosten für das Umbauprojekt am aktuellen Becken werden auf etwa 900.000 Euro geschätzt, während das neue Rückhaltebecken im Mucherwiesental auf etwa 2,5 Millionen Euro veranschlagt wird. Oliver Thiele weist darauf hin, dass diese Investitionen im Kontext der möglichen volkswirtschaftlichen Schäden durch Hochwasser gesehen werden müssen.
Ökologische Überlegungen und weitere Entwicklungen
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Notwendigkeit, ökologische Überlegungen in die Planungen zu integrieren, da das gesamte Gebiet ein Naturschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Schutzgebiet darstellt. Oliver Thiele hat die Hoffnung geäußert, dass mit den Arbeiten am Ohbach-Becken im Frühjahr 2026 begonnen werden kann. Dies hängt jedoch auch von der genauen Abklärung der hydrologischen Grundlagen ab, die seiner Ansicht nach für die Ausführung unerlässlich sind.
In der Sitzung des Umweltausschusses betonte Bad Honnefs Erster Beigeordneter Holger Heuser, dass die Situation beim Ohbach nicht mit den extremen Überschwemmungen im Ahrtal verglichen werden könne. Die Wasserstände seien deutlich moderater, was die Dringlichkeit des Handelns nicht mindert, aber ein gewisses Maß an Entspannung in diesem Kontext schaffen könnte.
Der Ohbach und das damit verbundene Hochwasserrückhaltebecken stehen im Fokus der Aufmerksamkeit, und es wird deutlich, dass die Planungen zur Sicherung der Region nicht nur örtliche Belange betreffen, sondern in einem größeren Zusammenhang mit langfristiger Wasserwirtschaft und Naturschutz stehen.
Problematische Infrastruktur und ihre Risiken
In vielen Regionen Deutschlands sind Hochwasserrückhaltebecken (HRB) entscheidend für den Schutz vor Überschwemmungen. Diese Bauwerke sind jedoch nicht unfehlbar und müssen regelmäßig gewartet und auf ihre Sicherheitsstandards überprüft werden. Die Bedenken, wie sie im Fall des HRB am Ohbach auftreten, sind nicht isoliert. Oftmals sind es technische Mängel und nachlässige Wartungsmaßnahmen, die dazu führen, dass der Schutz nicht mehr gewährleistet ist.
So kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen mit bestehenden Rückhalteanlagen, die nicht effektiv gegen Extremereignisse schützen konnten. Ein Beispiel dafür ist die Flutkatastrophe im Jahr 2021, die nicht nur im Ahrtal, sondern auch an anderen Stellen in Deutschland verheerende Folgen hatte. In vielen Fällen waren alte Dammstrukturen nicht mehr an die heutigen klimatischen Gegebenheiten angepasst und konnten der plötzlichen Überlastung durch Starkregen nicht standhalten.
Nachhaltige Lösungsansätze für Hochwasserschutz
Langfristige Lösungen für den Hochwasserschutz müssen über die bloße Errichtung von Rückhaltebecken hinausgehen. Der Fokus sollte auf einem integrierten Ansatz liegen, der sowohl bauliche als auch natürliche Maßnahmen berücksichtigt. Dazu zählen beispielsweise die Renaturierung von Flussläufen und die Schaffung von Überschwemmungsgebieten, die bei Hochwasser die Wassermengen besser abfangen können.
In vielen Städten hat sich dieses Konzept bereits bewährt. Ein Beispiel ist die Stadt Freiburg, die durch die Schaffung von Grünflächen und renaturierten Bächen die Hochwassergefahr signifikant reduzieren konnte. Solche Maßnahmen sind nicht nur umweltfreundlich, sondern schaffen auch zusätzliche Lebensräume für Flora und Fauna.
Kosten-Nutzen-Analyse im Hochwasserschutz
Die Investitionen in den Hochwasserschutz sind notwendig, um die volkswirtschaftlichen Schäden zu minimieren, die durch überflutete Wohngebiete, zerstörte Infrastruktur und die daraus folgende wirtschaftliche Stagnation entstehen können. Laut einer Studie des Deutschen Wetterdienstes belaufen sich die jährlichen Schäden durch Hochwasserereignisse in Deutschland auf mehrere hundert Millionen Euro. Dies unterstreicht die Dringlichkeit, in den Schutz vor extremen Wetterereignissen zu investieren.
Die geschätzten Kosten von etwa 900.000 Euro für die Interimslösung des HRB am Ohbach und 2,5 Millionen Euro für das neue Rückhaltebecken im Mucherwiesental erscheinen im Vergleich zu den potenziellen Schäden, die durch Hochwasser entstehen könnten, relativ gering. Eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Analyse könnte aufzeigen, dass sich solche Investitionen auf lange Sicht durchaus rentieren, sowohl in wirtschaftlicher als auch in menschlicher Hinsicht.