Im Landkreis Rotenburg (Wümme) in Niedersachsen wird eine neue Regelung hinsichtlich der geschlechtssensiblen Sprache eingeführt, die bald in Kraft tritt. Anstelle der traditionellen männlichen Anrede wird ab Oktober die weibliche Form für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verwendet. Eine Sprecherin des Landkreises erklärte, dass dies Teil einer internen Verwaltungsvorschrift sei, die die Abläufe und Vorschriften des Dienstalltages regelt.
Die Hintergründe dieser Initiative sind vielfältig. Der CDU-Landrat Marco Prietz hat das Verfahren angestoßen, um dem ungleichen Geschlechterverhältnis in der Verwaltung Rechnung zu tragen. „Irgendwie fühlt es sich nicht mehr richtig an, nur die männliche Form zu verwenden“, äußerte Prietz und betonte, dass in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte in der Gleichstellung der Geschlechter erzielt wurden. Der Großteil der Beschäftigten, vor allem in leitenden Positionen, sind Frauen: Drei von vier Dezernaten werden mittlerweile von Frauen geleitet.
Der Weg zur geschlechtergerechten Sprache
Statt Gendersternchen oder ähnlicher Schriftzeichen setzt der Landkreis auf eine klarere und lesbarere Geschlechterbezeichnung. Die weiblichen Titel sollen eine größere Zugänglichkeit und Verstehbarkeit fördern. „Es ist uns wichtig, dass die gesprochene und geschriebene Sprache allen Menschen intuitiv zugänglich ist“, erklärte Prietz. Zu Beginn der Vorschrift wird ein Hinweis angebracht, der klarstellt, dass die alleinige Verwendung der weiblichen Bezeichnungen sowohl die „Mitarbeiterinnen als auch die Mitarbeiter“ umfasst.
Die Vorschrift wird als ein unkonventioneller Ansatz in der kontroversen Debatte um Genderfragen angesehen. Trotz der positiven Resonanz, die Prietz auf seinen Instagram-Post über die Neuerung erhielt, gab es auch kritische Stimmen. „Wir leben in einer emotional aufgeladenen Zeit, in der jede Debatte durch unterschiedlichen Hass geprägt ist“, sagte er. Vor allem innerhalb der Belegschaft sei die Rückmeldung jedoch überwiegend positiv.
Kritik und Reaktionen
Der Landesfrauenrat Niedersachsen äußerte sich skeptisch zu dem Vorstoß und erklärte, dass die Verwendung des Femininums als ein Schritt in die richtige Richtung betrachtet werden könne. „Nach Jahrhunderten des generischen Maskulinums könnte dies für Männer eine neue Perspektive eröffnen“, sagte die Vorsitzende Barbara Hartung. Gleichzeitig plädierte sie für eine geschlechtergerechte Sprache, in der Frauen und Männer gleichermaßen sichtbar werden.
Das innovative Vorgehen des Landkreises hat jedoch keine umfassenden Änderungen im gesamten Sprachgebrauch der Behörde zur Folge. So bleibt der Schriftverkehr und die Ansprache an Bürger auf der Website unverändert. Die Landkreisverwaltung betonte, dass alle mit der Anrede angesprochen werden, die sie bevorzugen.
dpa/luz