(20.8.2024) Ein neues Kapitel in der Wasserstoffproduktion wird in Villingen-Schwenningen aufgeschlagen. Der Infener AG ist es gelungen, gemeinsam mit Oberbürgermeister Jürgen Roth (CDU) den Bau eines hochmodernen Wasserstoff-Hubs anzustoßen. Auf einem etwa 10.000 m² großen Areal im Industriegebiet Salzgrube soll diese innovative Anlage entstehen, die bis 2026 eine Elektrolysekapazität von bis zu 20 Megawatt (MW) erreichen wird.
Das Projekt, das mit einem Investitionsvolumen von rund 45 Millionen Euro veranschlagt ist, wird die Produktion von jährlich etwa 2.000 Tonnen grünem Wasserstoff ermöglichen. Verantwortlich für das architektonische Design ist das Hamburger Büro Hadi Teherani, während das Architekturbüro Schleicher die Projektbetreuung vor Ort übernimmt.
Innovative Wasserstofftechnologie im Fokus
Die Innovative an diesem Hub liegt nicht nur in der Wasserstoffproduktion selbst, sondern auch in der Art der Energiegewinnung. Die Elektrolyseanlage wird zunächst mit einer Kapazität von 5 MW starten und im Laufe der nächsten fünf Jahre auf die vollen 20 MW hochskaliert. Diese Technologie nutzt überschüssige erneuerbare Energie aus der Region, was einen bedeutenden Schritt in Richtung Nachhaltigkeit darstellt. Der Wasserstoff kann direkt vor Ort für industrielle Prozesse oder die Verkehrsbranche verwendet werden, was die Logistik und den Transport in der Region revolutionieren könnte.
Ein weiterer Vorteil dieser Produktionsweise ist die Nutzung von Abwärme, die beim Elektrolyseprozess entsteht. Diese kann für Wärmenetze oder in verschiedenen Industrieprozessen als Energiequelle genutzt werden. Zudem wird der bei der Elektrolyse anfallende hochwertige Sauerstoff vor allem in der Oxyfuel-Verbrennung eingesetzt, um Industrieprozesse umweltfreundlicher zu gestalten. Die Energieversorgung der Anlage erfolgt durch langfristige Direktverträge mit Betreibern von Wind- und Photovoltaikanlagen in der Umgebung.
Regionale Unabhängigkeit und Bedarf an Wasserstoff
Die Notwendigkeit dieser regionalen Lösung wird vor dem Hintergrund betrachtet, dass Villingen-Schwenningen voraussichtlich bis 2040 nicht an eine überregionale Wasserstoffpipeline angeschlossen sein wird. Aktuelle Studien zeigen eine deutliche Steigerung des Wasserstoffbedarfs bis 2030, der demnächst auf 94 bis 125 TWh geschätzt wird – ein Anstieg um über 68% im Vergleich zu den derzeitigen Erwartungen von etwa 56 TWh im Jahr 2023. Diese Entwicklung macht Dezentralität und regionale Unabhängigkeit zu wesentlichen Elementen der Wasserstoffstrategie der Region.
CEO und Mitbegründer von Infener, Joel Vogl, hebt hervor: „Unser Hub nutzt die überschüssige erneuerbare Energie in Villingen-Schwenningen, um grünen Wasserstoff zu produzieren und direkt vor Ort für industrielle Prozesse oder die Verkehrsbranche bereitzustellen.” Dieser Ansatz zeigt nicht nur das Engagement für nachhaltige Energiequellen, sondern ermöglicht auch eine direkte Umsetzung in der Region.
Die ersten potenziellen Abnehmer aus der regionalen Logistik- und Industriebranche stehen bereits in den Startlöchern. Dazu gehört der Logistiker Noerpel, der den produzierten Wasserstoff zur Betankung von Wasserstoff-Truck- und Busflotten verwenden möchte. In diesem Kontext erhält das Projekt auch Unterstützung vom Verkehrsverbund Move, um die Nutzung und Verbreitung von grünem Wasserstoff zu fördern.
Der Weg in eine nachhaltige Zukunft
Die Errichtung des Wasserstoff-Hubs in Villingen-Schwenningen stellt nicht nur einen technologische Fortschritt dar, sondern ist auch ein konkreter Schritt in Richtung einer umweltfreundlicheren und nachhaltigen Zukunft. Mit der einzigartigen Kombination aus erneuerbarer Energie, Wasserstoffproduktion und regionaler Unabhängigkeit zeigt dieses Projekt, wie nachhaltige Technologien in der Industrie angewandt werden können, um gleichzeitig den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
Wirtschaftlicher Kontext und regionale Strategien
Der Bau des H₂-Hubs in Villingen-Schwenningen ist Teil einer breiteren Strategie zur Förderung grüner Technologien und zur Dezentralisierung der Wasserstoffproduktion in Deutschland. Angesichts der Klimaziele der Bundesregierung, die bis 2045 eine weitgehende Treibhausgasneutralität anstreben, werden Projekte wie dieser Hub immer wichtiger. Die wirtschaftliche Diversifizierung der Region durch innovative Technologien zeigt, wie Unternehmen und Städte zusammenarbeiten, um nachhaltige Lösungen für die ökologischen Herausforderungen der Zukunft zu finden.
Ebenfalls wichtig ist, dass diese Initiative in den Kontext der deutschen Wasserstoffstrategie passt, die die Verwendung von Wasserstoff als Energieträger und dessen Rolle in der Dekarbonisierung der Industrie bekräftigt. Der Fokus auf die Produktion von grünem Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen zielt darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und gleichzeitig lokale Arbeitsplätze zu schaffen.
Technologische und ökologische Vorteile
Dieser innovative H₂-Hub soll nicht nur grünen Wasserstoff erzeugen, sondern auch die Abwärme, die während des Elektrolyseprozesses entsteht, nutzen. Diese Abwärme kann für die Beheizung von Gebäuden oder zur Unterstützung industrieller Prozesse verwendet werden. Dadurch erhöht sich die Gesamteffizienz des Systems erheblich, was nicht nur Kosten spart, sondern auch den ökologischen Fußabdruck verringert.
Die Einbeziehung von hochwertigem Sauerstoff aus dem Elektrolyseprozess zeigt ebenfalls die durchdachte Planung des Projekts. Die Möglichkeiten zur Verwendung von Sauerstoff in der Industrie erstrecken sich auf verschiedene Anwendungen, einschließlich der Oxyfuel-Verbrennung, die eine saubere und effiziente Form der Energieerzeugung darstellt. Solch eine Integration erneuerbarer Energien in bestehende Systeme kann dazu beitragen, dass die Region ihre Klimaziele schneller erreicht.
Partnerschaften und Unterstützung
Die bereits gewonnenen Partnerschaften mit lokalen Unternehmen, wie dem Logistiker Noerpel, belegen das Interesse der regionalen Wirtschaft an sauberem Wasserstoff. Der Einsatz von grünem Wasserstoff in der Logistikbranche, insbesondere für Wasserstoff-Trucks und -Busse, ist ein konkreter Schritt in Richtung einer nachhaltigen Mobilität. Darüber hinaus wird das Projekt von dem Verkehrsverbund Move unterstützt, was die Vernetzung aller Beteiligten fördert und die Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung erhöht.
Ein solcher gemeinschaftlicher Ansatz, bei dem wichtige Akteure der Industrie, der Politik und der Gesellschaft an einem Strang ziehen, ist entscheidend für den Erfolg der regionalen Wasserstoffstrategie und fördert die Akzeptanz neuer Technologien in der Bevölkerung.