Roth

Rückgabe des Blechen-Gemäldes: Ein Stück Geschichte kehrt zurück

Die Bundesregierung hat das von den Nazis geraubte Gemälde „Das Mühlental bei Amalfi“ von Carl Blechen an die Erben der ehemaligen jüdischen Kunstsammler Arthur und Eugen Goldschmidt zurückgegeben, um die Erinnerung an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung zu würdigen.

In einem bedeutenden Schritt zur Aufarbeitung der Geschichte hat die Kunstverwaltung des Bundes ein Gemälde des renommierten Malers Carl Blechen zurückgegeben. Das Werk mit dem Titel »Das Mühlental bei Amalfi« war einst im Besitz der jüdischen Kunstsammler Arthur und Eugen Goldschmidt und wurde bis 1938 von ihnen verwahrt. Nach dem schrecklichen Schicksal dieser beiden Männer, die Selbstmord begingen, um der Verfolgung zu entkommen, gelangte das Gemälde an ihren Neffen, Edgar Moor.

Edgar Moor, geboren 1912, emigrierte zwischen 1941 und 1942 aufgrund der Nationalsozialistischen Verfolgungen. Diese Rückgabe des Gemäldes ist mehr als nur ein rechtlicher Akt; sie beleuchtet schwerwiegende Schicksale und stellt die Verbindung zur dunklen Geschichte der NS-Zeit her. Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Mitglied der Grünen, betonte die Wichtigkeit der Rückgabe in einer Stellungnahme aus Berlin. Sie wies darauf hin, dass die Aufarbeitung des Raubs an Kulturgütern durch das nationalsozialistische Regime einen zentralen Bestandteil der Erinnerung an die Verfolgten darstellt.

Die Geschichte des Gemäldes

Nachdem Moor das Land verlassen hatte, wurde das Blechen-Gemälde im Juli 1942 von der Gestapo beschlagnahmt. Dadurch schloss sich der Kreis eines Unrechts, das durch die Naziherrschaft verübt wurde. Der Weg des Kunstwerks führte über die »Vermögensverwertungsstelle« beim Oberfinanzpräsidenten Berlin-Brandenburg und einen Berliner Kunsthändler, Hans W. Lange. Am 5. September 1944 fand das Gemälde seinen Weg in die Sammlung des sogenannten »Sonderauftrag Linz«, einer von Hitler ins Leben gerufenen Institution, die Kunstwerke für ein geplantes »Führermuseum« in Linz zusammentrug.

Das Gemälde durchlief von dort eine Odyssee, die es letztendlich ins »Führerbau« in München führte, wo es bis kurz vor dem Kriegsende lagerte. Es wird vermutet, dass das Werk Ende April 1945 aus diesem Gebäude gestohlen wurde. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs übergab die Münchner Kriminalpolizei das Gemälde, das mittlerweile als ehemaliges Reichsvermögen betrachtet wurde, an den Central Collecting Point (CCP) in München. Letztendlich gelangte es in den Besitz des Bundes, wo es als Teil des bundesdeutschen Kulturguts übernommen wurde.

Die Relevanz der Rückgabe

Die Rückgabe des Gemäldes ist nicht nur ein bürokratischer Vorgang, sondern ein Akt der historischen Gerechtigkeit, der entscheidend dazu beiträgt, das Gedächtnis an die Verfolgten lebendig zu halten. Kunstverwaltung des Bundes hat die Verantwortung, solche Kulturgüter, die während der NS-Zeit enteignet wurden, an die rechtmäßigen Erben zurückzugeben oder die entsprechenden Ansprüche nachzuverfolgen. Dies bezieht sich auf alle Objekte, bei denen ein Entzug in der Zeitspanne zwischen 1933 und 1945 nachgewiesen werden kann.

Die Rückgabe ist somit ein bedeutender Schritt, um das Unrecht der Vergangenheit wieder gutzumachen und zeigt, dass die Erinnerungsarbeit im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus weiterhin notwendig ist. Kunst ist nicht nur ein Ausdruck kulturellen Erbes, sondern steht symbolisch für die Geschichten und Schicksale der Menschen, die einst hinter diesen Werken stehen. Jedes zurückgegebene Stück trägt die Verantwortung, die Geschichte nicht zu vergessen und die Erinnerungen der Verfolgten zu ehren.

Ein wichtiger Schritt zur Gerechtigkeit

Die Rückgabe von »Das Mühlental bei Amalfi« ist nicht nur ein Punkt auf der Liste erforderlicher Rückgaben, sondern ein bedeutender Bestandteil der Aufarbeitung der NS-Geschichte. Diese Rückgabe verweist auf die Notwendigkeit, den Wert der Erinnerung und des Erbes wiederzubeleben. Es zeigt, dass das Museumsgut nicht nur aus Objekten besteht, sondern aus Lebensgeschichten, die von den Schrecken der Vergangenheit geprägt sind. Ein respektvolles und verantwortungsvolles Vorgehen bei der Rückgabe von Kunst und Kulturgut ist ein Schritt hin zu einer gerechteren Gesellschaft, die sich ihrer Vergangenheit bewusst ist.

Die Bedeutung der Rückgabe von Kunstwerken

Die Rückgabe von Kunstwerken, die während der nationalsozialistischen Diktatur entzogen wurden, hat nicht nur eine symbolische Bedeutung, sondern ist auch ein Teil des größeren Prozesses der Entschädigung und Wiedergutmachung. Diese Rückgaben sind entscheidend für die Anerkennung der Ungerechtigkeiten, die jüdischen Familien und anderen Verfolgten widerfahren sind. Sie bieten Gelegenheit zur Reflexion über die Vergangenheit und zur Förderung eines besseren Verständnisses für die Geschichte, die mit den einzelnen Kunstwerken verbunden ist.

Die Rückgabe des Gemäldes »Das Mühlental bei Amalfi« ist ein Beispiel für diese Bemühungen und zeigt die Verantwortung des Staates, für das zu stehe, was in der Vergangenheit geschehen ist. In diesem Fall wird nicht nur das Gemälde zurückgegeben, sondern auch das Gedächtnis an die Familien Goldschmidt und Moor wachgehalten, die unter dem nationalsozialistischen Regime gelitten haben.

Verfahren zur Rückgabe von NS-Raubkunst

Der Prozess der Rückgabe von Raubkunst ist komplex und umfasst mehrere Schritte. Zunächst müssen die Kulturgüter identifiziert werden, die während der NS-Zeit illegal entzogen wurden. In vielen Fällen geschieht dies durch wissenschaftliche Forschung sowie durch Anfragen von Nachkommen der ursprünglichen Besitzer. Die Kunstverwaltung des Bundes spielt hierbei eine wichtige Rolle, indem sie eine Reihe von Verfahren und Richtlinien für die Rückgabe dieser Kulturgüter etabliert hat.

Ein zentraler Bestandteil des Rückgabeprozesses ist das Erstellen eines umfassenden Provenienzberichts, der die Geschichte des Kunstwerks von seiner Schaffung bis zur Rückgabe dokumentiert. Dies kann durch Archivarbeit, Zeitzeugenberichte und die Betrachtung von Auktionsergebnissen geschehen. Einmal identifiziert und dokumentiert, wird das Werk an die rechtmäßigen Besitzer oder deren Erben zurückgegeben.

Aktuelle Herausforderungen

Trotz der Fortschritte in der Rückgabe von NS-Raubkunst steht die Kunstwelt vor zahlreichen Herausforderungen. Viele Kunstwerke sind schwer zu identifizieren, da die Dokumentation oftmals entweder unvollständig oder beschädigt ist. Darüber hinaus gibt es nach wie vor rechtliche und kulturelle Hürden, insbesondere bei Eigentumsansprüchen, die über mehrere Generationen hinweg bestehen. Die Komplexität der Erbfolge rechtlicher Ansprüche und die wechselhafte Geschichte der Kunstwerke tragen zur Verwirrung und zu Konflikten bei.

Zusätzlich bleibt die Frage der angemessenen Entschädigung für Holocaust-Überlebende und deren Nachkommen ein umstrittener Punkt. Viele fordern, dass nicht nur die Kunstwerke selbst zurückgegeben werden, sondern auch eine finanzielle Wiedergutmachung für die erlittenen Verluste und Traumata. Diese Thematik wird in der öffentlichen Debatte weiterhin intensiv diskutiert.

Auswirkungen auf die Gesellschaft

Die Rückgabe von Kunstwerken hat nicht nur Auswirkungen auf die betroffenen Familien, sondern auch auf die Gesellschaft insgesamt. Sie trägt zur Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit bei und fördert ein Bewusstsein für Ungerechtigkeiten in der Geschichte. Solche Maßnahmen helfen, das Vertrauen zwischen dem Staat und den Bürgern zu stärken, insbesondere in Bezug auf das jüdische Erbe und die kulturelle Vielfalt Deutschlands.

Darüber hinaus können diese Rückgaben als Katalysatoren für Gespräche über kulturelle Identität und Verantwortung innerhalb der Gesellschaft fungieren. Der Umgang mit NS-Raubkunst ist ein schmerzliches, aber notwendiges Kapitel in der deutschen Geschichte, das weiterhin die Gegenwart und Zukunft beeinflusst.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"