Der katholische Sozialethiker Alexander Filipovic hat erneut einen Blick auf die Entwicklungen innerhalb der AfD geworfen. In seinen letzten Analysen konzentriert er sich auf die Unterschiede der Wahlprogramme der AfD in den ostdeutschen Bundesländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg. Es ist beachtlich, dass sich die Auffassungen dieser Partei in den letzten Jahren deutlich verändert haben, wie Filipovic feststellt, und dass diese Unterschiede in den Wahlprogrammen offenbar auf regionalen populistischen Stil zurückzuführen sind.
Die AfD, deren Landesverbände in Thüringen und Sachsen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingeordnet werden, hat im September Wahlen in diesen Bundesländern und in Brandenburg abgehalten. Die aktuellen Wahlprogramme zeigen laut Filipovic signifikante Abweichungen. Diese Unterschiede sind nicht nur auf die regional unterschiedlichen Lebensrealitäten zurückzuführen, sondern spiegeln auch die populistischen Ansätze wider, die die Partei in diesen Regionen vertritt. Insbesondere interessant ist, dass die Bundestagswahlbehauptungen der AfD in Sachsen und Thüringen auf das christliche Erbe verweisen, während Brandenburg zu einem bemerkenswerten Defizit in diesem Bereich neigt.
Fehlende Verweise auf das Christentum in Brandenburg
Die Wahlprogramme der AfD in Brandenburg blenden den Bezug auf das Christentum aus, was Filipovic als auffällig bezeichnet. „Es bleibt natürlich diffus, wenn von der christlich-jüdischen Tradition oder dem sogenannten christlichen Abendland die Rede ist, aber es ist schon erstaunlich, wenn ein Landesverband darauf ganz verzichtet“, erklärt der Wissenschaftler. Diese Abwesenheit wird besonders deutlich im „Regierungsprogramm“ der AfD in Brandenburg, wo kein Hinweis auf die gemeinsame Erklärung der katholischen Bischöfe in Ostdeutschland zu finden ist. Diese Bischöfe hatten Anfang des Jahres vor rechtspopulistischen Richtungen gewarnt und die AfD als nicht wählbar für Christen bezeichnet.
In Sachsen und Thüringen hingegen wird diese Problematik ansatzweise thematisiert, jedoch unterschiedlich. So gibt es in Sachsen Bestrebungen, mit der Kirche trotz der bestehenden Spannungen im Gespräch zu bleiben, um die eigenen christlichen Werte zu kommunizieren. Der Verweis auf die „Christen in der AfD“ wird möglicherweise durch die dort verankerte katholische Community beeinflusst. In Thüringen, wo ein klarer Widerstand gegen die AfD seitens der Kirche deutlich wird, muss die Partei mit einer ganz anderen Form der Ablehnung umgehen.
Wichtige Themen: Abtreibung und Bevölkerungspolitik
Ebenfalls bemerkenswert sind die Unterschiede in der Behandlung des Themas Abtreibung in den Wahlprogrammen dieser Bundesländer. In Sachsen und Brandenburg wird das Thema relativ prominent angesprochen, dabei jedoch immer im Kontext der Bevölkerungspolitik. „Das ist nicht kompatibel mit dem Lebensschutz der katholischen Kirche, der auf die Würde jedes Menschen ausgerichtet ist“, betont Filipovic. In Brandenburg wird das Thema in Verbindung mit Frühsexualisierung und dem sogenannten Babybegrüßungsgeld behandelt, was auf eine klare bevölkerungspolitische Ausrichtung hinweist.
In Thüringen hingegen findet das Thema Abtreibung kaum Erwähnung. Stattdessen wird eine scharfe Kritik an den öffentlich-rechtlichen Medien propagiert, was einen ganz anderen Fokus aufzeigt. Bereits in der Studie von 2017 war festgestellt worden, dass es bei den Themen Familienpolitik und Schwangerschaftsabbruch nur vermeintliche Übereinstimmungen zwischen der AfD und der katholischen Kirche gibt. Diese Diskrepanzen machen deutlich, wie unterschiedlich die ideologischen Grundlagen der Partei im Vergleich zur katholischen Soziallehre sind.
Einblicke in die interne Variation
Die Analyse der Wahlprogramme bietet einen spannenden Einblick in die Dynamiken innerhalb der AfD und deren regionalen Unterschiede. Die Abweichungen zwischen den Landesverbänden könnten sowohl auf politische Strömungen als auch auf unterschiedliche Lebensrealitäten hindeuten. Filipovic weist darauf hin, dass diese Divergenzen auf eine interessante Weise populistische Taktiken widerspiegeln, die letztlich die gesamte Gemengelage der AfD und deren Anklang bei Wählern beeinflussen. Diese verschiedenen Ansätze könnten zu einem besseren Verständnis führen, wie die AfD versucht, ihre Positionen in verschiedenen Regionen Deutschlands zu legitimieren und anzupassen.
Entwicklung der AfD und ihre politischen Positionen
Im Laufe der Jahre hat sich die AfD von einer eurokritischen Partei zu einer kraftvollen Stimme des Rechtspopulismus in Deutschland entwickelt. Ursprünglich 2013 gegründet, war das Hauptaugenmerk der Partei auf der Kritik an der Euro-Rettung und der europäischen Finanzpolitik. Mit der zunehmenden Flüchtlingskrise ab 2015 verschob sich das politische Profil der AfD erheblich. Der Fokus auf Einwanderungs- und Asylpolitik rief nicht nur innerhalb der Partei, sondern auch in der breiteren politischen Landschaft stark polarisierten Reaktionen hervor.
Die AfD hat innerhalb ihrer verschiedenen Landesverbände unterschiedliche Strategien entwickelt und versucht, lokale Anliegen und Ängste abzufangen. Das zeigt sich auch in den Wahlprogrammen der AfD in den ostdeutschen Bundesländern, wo bei der Ansprache von Themen wie Migration, Christentum und Familienpolitik unterschiedliche Akzente gesetzt werden.
Die gesellschaftliche Relevanz der kirchlichen Positionen
Die katholische Kirche hat traditionell eine bedeutende Rolle bei der Formulierung von sozialen Werten und Normen in Deutschland gespielt. Die Haltung der katholischen Bischöfe gegenüber populistischen Bewegungen, einschließlich der AfD, hat sich als kritisch herausgestellt. Die gemeinsame Erklärung der katholischen Bischöfe in Ostdeutschland, die die AfD als für Christen nicht wählbar bezeichnet, verdeutlicht die Abgrenzung der Kirche von populistischen und extremistischen Strömungen.
Darüber hinaus wird die Verantwortung der Kirche, sozial gerechte Lebensbedingungen zu schaffen und für Menschenwürde einzutreten, in Anbetracht der wachsenden gesellschaftlichen Herausforderungen und Spaltungen stetig diskutiert. Themen wie Migration, Asyl und familiäre Werte werden dabei sowohl von der Kirche als auch von der AfD aufgegriffen, jedoch aus grundlegend unterschiedlichen ethischen Perspektiven.
Demografische Trends und ihre politischen Implikationen
Der demografische Wandel in Deutschland ist ein entscheidender Faktor, der die politische Landschaft beeinflusst. Laut Statistischem Bundesamt wird die Bevölkerung Deutschlands bis zum Jahr 2030 voraussichtlich weiter altern und schrumpfen, was sowohl soziale als auch wirtschaftliche Herausforderungen mit sich bringt. In Ostdeutschland sind diese Trends besonders ausgeprägt, da viele junge Menschen in westdeutsche Bundesländer ziehen auf der Suche nach besseren Karrierechancen.
Die AfD nutzt diese demografischen Veränderungen und forciert den Diskurs über Familienpolitik und die Notwendigkeit von Geburtensteigerungen, um ihre populistischen Ansichten zu fördern. Dabei wird oft eine retrotopische Sichtweise auf Familie und Gesellschaft propagiert, die im Widerspruch zu den sozialen Lehren der katholischen Kirche steht, die eine inklusive und respektvolle Haltung allen Menschen gegenüber betont, ungeachtet ihrer Herkunft oder Lebensentscheidung.
Zusammenfassung der Unterschiede in den Wahlprogrammen
Die Analyse der Wahlprogramme der AfD zeigt signifikante Unterschiede und Nuancen zwischen den einzelnen Bundesländern. Ein Vergleich bezüglich zentraler Themen wie das Christentum, Abtreibung und Medienkritik weist auf divergente Strategien hin.
- In Sachsen wird das Christentum stärker betont, während es in Brandenburg ganz weggelassen wird.
- Der Umgang mit Abtreibung spiegelt in Sachsen und Brandenburg eine bevölkerungspolitische Perspektive wider, die jedoch im Widerspruch zu den kirchlichen Grundsätzen steht.
- Die Reaktion der Kirche auf populistische Tendenzen variiert stark, abhängig von den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und dem Einfluss der katholischen Gemeinden.
Darüber hinaus ist die Herangehensweise der AfD in den östlichen Bundesländern durch einen stark ausgeprägten Populismus gekennzeichnet, der in den Wahlprogrammen Ausdruck findet, und der die lokale Bevölkerung auf Basis ihrer spezifischen Lebensrealitäten anspricht.