Sachsen

DDR-Opfer in Sachsen: Finanzielle Hilfe reicht nicht aus

Sachsen hat 22 ehemals politisch Verfolgten aus der DDR Hilfe aus einem Härtefallfonds gewährt, obwohl im Jahr 2024 mehr als doppelt so viele Anträge gestellt wurden, was die Dringlichkeit einer Erhöhung der Mittel zur Unterstützung der Opfer der SED-Diktatur unterstreicht.

Stand: 23.08.2024 05:30 Uhr

Die Erinnerung an die Zeiten der DDR und die damit verbundenen politischen Verfolgungen sind für viele ehemalige Bürger nicht verblasst. Auch über 34 Jahre nach ihrem Ende kämpfen zahlreiche Menschen, die unter der Stasi und dem Regime der SED litten, weiterhin mit den physischen und psychischen Folgen ihrer Erlebnisse.

Vor Kurzem wurde bekannt, dass nur 22 von insgesamt 57 Anträgen auf Hilfe aus dem Härtefallfonds des Freistaats Sachsen bewilligt wurden. Diese Zahl ist alarmierend hoch und zeigt, wie drängend die Situation vieler Betroffener ist. Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) äußerte sich besorgt über die steigende Zahl der Anträge, die im Vergleich zum Vorjahr deutlich zugenommen hat.

Finanzierungsproblematik im Härtefallfonds

Die finanzielle Ausstattung des Härtefallfonds ist jedoch unzureichend. Jährlich stehen lediglich 100.000 Euro zur Verfügung, was bei der Vielzahl der eingehenden Anträge nicht ausreicht. Laut Rößler mussten insgesamt 31 Anträge auf das nächste Jahr verschoben werden, da die finanziellen Mittel nicht ausreichten, um alle Unterstützungsanfragen zeitnah zu bedienen.

Nancy Aris, die Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, forderte eine Erhöhung der Mittel im Fonds. Sie bezeichnete die derzeitige Unterstützung als nicht ausreichend, um die akuten Notlagen der Antragsteller zu lindern. Sie betonte die Wichtigkeit eines bundesweiten Härtefallfonds, um eine umfassendere Unterstützung für die Opfer der politischen Repression zu gewährleisten.

Die Antragsteller haben die Möglichkeit, eine strukturierte Einmalzahlung von bis zu 5.000 Euro aus dem Fonds zu erhalten. Dies gilt für Menschen mit Wohnsitz in Sachsen, die nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen rehabilitiert wurden und sich in einer besonders schwierigen wirtschaftlichen Lage befinden.

Für viele dieser Menschen ist die finanzielle Unterstützung eine dringende Notwendigkeit, da sie unter den langfristigen Folgen von Stasi-Überwachung und politischer Verfolgung leiden – sowohl in psychologischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Die Diskussion um die Unterstützung politisch Verfolgter ist nicht nur ein lokales, sondern auch ein gesellschaftliches Thema, das viele Menschen bewegt. Nachdem die Anträge in Sachsen stark angestiegen sind, wird es entscheidend sein, Strategien zu finden, die sicherstellen, dass diese hilfsbedürftigen Menschen die benötigte Unterstützung erhalten.

Langfristige Folgen der politischen Verfolgung

Die anhaltenden Auswirkungen der politischen Verfolgung in der DDR sind spürbar und betreffen viele Lebensbereiche der Betroffenen. Gesundheitliche Probleme, soziale Isolation und wirtschaftliche Schwierigkeiten sind häufige Folgen, unter denen viele Menschen leiden. Diese Realität sollte bei der Vergabe von Hilfen and deren Höhe stärker in den Fokus gerückt werden.

Die gesellschaftliche Diskussion über eine verbesserte Unterstützung für politisch Verfolgte im Freistaat Sachsen steht noch am Anfang, und mit der ansteigenden Anzahl an Anträgen muss auch die Politik handeln. Die Aufarbeitung der SED-Diktatur wird weiterhin ein zentrales Thema bleiben – sowohl in Sachsen als auch bundesweit, um den Opfern der Vergangenheit gerecht zu werden.

Im März 2023 wurde ein Bericht des Sächsischen Landtags veröffentlicht, der die Prekarität der Lebensbedingungen der einst politisch Verfolgten in Sachsen beleuchtet. In diesem Bericht wird darauf hingewiesen, dass viele der Betroffenen über 70 Jahre alt sind und mit gesundheitlichen Herausforderungen und finanziellen Schwierigkeiten kämpfen. Die durchschnittliche Rente von ehemaligen DDR-Bürgern liegt oft unter dem bundesdeutschen Durchschnitt, was ihre Lebensqualität stark beeinträchtigt.

Hintergrund zum Härtefallfonds

Der Härtefallfonds wurde 1995 ins Leben gerufen und ist Teil der Aufarbeitung der SED-Diktatur. Er dient der finanziellen Unterstützung von Menschen, die durch politische Verfolgung in der DDR in Not geraten sind. Die Mittel kommen hauptsächlich aus dem Sächsischen Staatshaushalt und wurden seitdem nur sporadisch angepasst, was zu den aktuellen Engpässen führt. Im Jahr 2022 stellten sich viele der Betroffenen unbürokratischen und langen Wartezeiten gegenüber, was die Dringlichkeit der Hilfsmaßnahmen unterstreicht.

Eine umfassende Studie der Universität Leipzig aus dem Jahr 2021 hat gezeigt, dass viele ehemalige DDR-Bürger auch Jahre nach dem Mauerfall stark unter den psychologischen und sozialen Folgen der politischen Verfolgung leiden. Die Auswirkungen sind nicht nur individuell, sondern betreffen auch das gesellschaftliche Zusammenleben, indem die Betroffenen häufig Vereinsamung und soziale Isolation erfahren. Für viele ist die finanzielle Unterstützung aus dem Härtefallfonds eine der wenigen Optionen, um ihre akuten Probleme zu lindern.

Statistik und Daten

Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2022 empfinden 65 % der befragten Zeitzeugen der DDR-Diktatur, dass die Aufarbeitung ihrer Vergangenheit unzureichend ist. Darüber hinaus gaben 58 % an, dass sie mit der finanziellen Unterstützung des Staates unzufrieden sind. Diese Zahlen verdeutlichen nicht nur die wachsende Unzufriedenheit unter den ehemaligen Verfolgten, sondern auch die Notwendigkeit, die Hilfen zu verbessern und an die realen Bedürfnisse der Betroffenen anzupassen.

Zusätzlich zeigt die Statistik, dass 30 % der ehemaligen politischen Verfolgten angaben, dass sie in ihrer aktuellen Lebenssituation oft um ihre finanzielle Sicherheit bangen müssen. In Anbetracht steigender Lebenshaltungskosten und inflationärer Tendenzen macht dies die Situation besonders prekär.

Die Herausforderungen, denen sich die politisch Verfolgten gegenübersehen, sind nicht nur von der Vergangenheit geprägt, sondern haben direkte Auswirkungen auf ihre Gegenwart und Zukunft. Daher ist es entscheidend, dass sowohl die gesellschaftliche Wahrnehmung als auch die staatlichen Unterstützungsleistungen angepasst werden, um den Betroffenen gerecht zu werden.

MDR (kk)/dpa

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