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Gleichstellung im Fokus: EVG-Chef Burkert auf Sommertour durch Sachsen

"EVG-Vorsitzender Martin Burkert setzt in der letzten August-Woche 2024 seine Fahrradsommertour durch Sachsen fort, beginnt in der Ausbildungswerkstatt der DB in Leipzig, um die positiven Entwicklungen der Ausbildung zu würdigen und gleichzeitig auf kritische personale Herausforderungen sowie Geschlechterungleichheiten aufmerksam zu machen."

27.08.2024 – 23:47

EVG Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft

Die zweite Runde der Sommer-Tour des Vorsitzenden der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), Martin Burkert, ist in vollem Gange. Diese Woche tourt er durch Sachsen, um direkt mit den Beschäftigten in Kontakt zu treten und ihre Anliegen zu hören. Der erste Halt der Tour führte ihn in die Ausbildungswerkstatt der Deutschen Bahn (DB) in Leipzig, wo er sich mit den Auszubildenden und deren Erfahrungen auseinandersetzte.

Die Ausbildungswerkstatt, seit 2019 im Betrieb, hat sich als äußerst erfolgreich erwiesen, indem sie so gut wie alle Ausbildungsplätze besetzen konnte. Bemerkenswert ist das große Einzugsgebiet – viele Azubis haben Anfahrtszeiten von über einer Stunde, was zeigt, wie wichtig diese Einrichtung für die Region ist. Die Ausbildung konzentriert sich vorrangig auf Berufe wie Elektroniker für Betriebstechnik und Mechatroniker für InfraGo. Burkert äußerte sich positiv über die Atmosphäre vor Ort und bemerkte, dass die fast ausgelernten Azubis fast immer mit dem Satz „Meester machen“ auf die Frage nach ihren nächsten Zielen reagierten. Er ergriff auch die Gelegenheit, um für die bevorstehenden Jugend- und Auszubildendenvertretungswahlen zu werben.

Herausforderungen im Vertrieb

Ein weiterer Halt waren die DB-Lounge und die Vertriebsabteilung, wo die Mitarbeitenden aktuell mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert sind. Die Personalengpässe führen zu verkürzten Öffnungszeiten, was die Arbeit für die Beschäftigten zusätzlich erschwert. Zudem gibt es eine zunehmende Aggressivität seitens einiger Fahrgäste, insbesondere angesichts der steigenden Zugverspätungen, was die Situation nicht einfacher macht. Eine Angestellte schilderte, dass „die Reaktionen immer ungeduldiger werden“ und betonte die notwenige Unterstützung für die Mitarbeitenden.

Ein zusätzliches Thema, das in diesen Gesprächen aufkam, war die Sorge um mögliche Einsparungen im Unternehmen. Die Beschäftigten fordern klare Zusagen von der Unternehmensleitung, dass nicht zulasten der Kundenzufriedenheit gespart wird.

Preisverleihung und Gleichstellungsthemen

Ein bedeutsamer Moment der Tour war die Preisverleihung des DGB Sachsen, zu dem Martin Burkert als Hauptredner eingeladen war. Der DGB vergab zum ersten Mal einen Un-Gleichstellungspreis, um auf Institutionen aufmerksam zu machen, die gegen Gleichstellung arbeiten. Daniela Kolbe, die Vize-Chefin des DGB Sachsen, kündigte an, dass der sächsische Kultusminister Christian Piwarz den Preis entgegennehmen würde. Grund für diesen Negativpreis ist das Genderverbot, welches an sächsischen Schulen die Verwendung von Genderstern oder Binnen-I als Fehler markiert.

In seiner Ansprache kritisierte Burkert unter anderem die bestehenden Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen, die sich in Sachsen von 8 % im Jahr 2022 auf 9 % im Jahr 2023 erhöht haben. Seine Botschaft war klar: „Frauenfeindliche Praktiken müssen an den Pranger gestellt werden. Der Kampf für Gleichberechtigung ist auch im Jahr 2024 bitter nötig!“

Auf diese Weise versucht die EVG, nicht nur die Anliegen der Beschäftigten in den Vordergrund zu rücken, sondern auch gesellschaftliche Themen wie Gleichstellung und faire Entlohnung aktiv anzugehen. Diese Tour ist nicht nur eine Möglichkeit, in direkten Dialog mit den Betroffenen zu treten, sondern auch eine Plattform, um notwendige Veränderungen im System anzustoßen.

Aktuelle Entwicklungen ansprechen

Die Sommer-Tour von Martin Burkert zeigt, wie wichtig der persönliche Kontakt in der Gewerkschaftsarbeit ist. Gerade in einer Zeit, in der Herausforderungen in der Branche zunehmen, ist es für die EVG entscheidend, die Stimmen der Beschäftigten zu hören und deren Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen. Solche Initiativen könnten als Katalysatoren dienen, um nicht nur die Arbeitsbedingungen zu verbessern, sondern auch gesellschaftspolitische Themen voranzubringen.

Herausforderungen der Branche

Die Eisenbahnbranche steht vor vielen Herausforderungen, die über die genannten Personalengpässe hinausgehen. Dazu zählen nicht nur finanzielle Einschnitte, sondern auch der zunehmende Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wie dem Autoverkehr und Flugreisen. Der Umstieg von Passagieren auf die Bahn wird häufig durch unzureichende Infrastruktur, Zugverspätungen und ein unzureichendes Serviceangebot erschwert. In einer Umfrage des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) im Jahr 2023 gaben 68 % der Befragten an, dass sie sich eine Verbesserung des Bahnhofs- und Zugservices wünschen, um eher auf die Bahn umzusteigen.

Gesellschaftliche Relevanz von Gleichstellung

Die Themen Gleichstellung und Diskriminierung sind nicht nur in der Bahnindustrie relevant, sondern betreffen alle Bereiche des Arbeitslebens. Berichte zeigen, dass die Gender-Pay-Gap in Deutschland im Jahr 2023 bei 18 % lag, was bedeutet, dass Frauen im Durchschnitt 18 % weniger verdienen als ihre männlichen Kollegen. Diese Diskrepanz hat zahlreiche gesellschaftliche Auswirkungen, von der wirtschaftlichen Absicherung bis hin zur gesellschaftlichen Teilhabe. Laut der aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Normung e.V. (DIN) ist die Chancengleichheit in Führungspositionen stark von Geschlecht und Herkunft abhängig, was oft zu einer Unterrepräsentation von Frauen und Minderheiten in Schlüsselpositionen führt.

Politische Initiativen

Politisch wurde in den letzten Jahren versucht, durch verschiedene Initiativen und Gesetze zur Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen, die bestehenden Unterschiede zu verringern. Ein Beispiel hierfür ist das Entgelttransparenzgesetz, das Unternehmen dazu anregen soll, Gehälter offen zu legen und so Benachteiligungen zu reduzieren. Trotz dieser Fortschritte sind viele Unternehmen jedoch noch nicht bereit, diesen gesetzlichen Vorgaben vollständig nachzukommen.

Ausblick auf die Zukunft

Die Frage, welche Maßnahmen die EVG und andere Gewerkschaften ergreifen können, um diese Herausforderungen anzugehen, bleibt zentral. In vielen Ländern wird kontinuierlich über bessere Arbeitsbedingungen, gerechtere Bezahlung und mehr Unterstützung für benachteiligte Gruppen diskutiert. Die Verabschiedung neuer Gesetze zur Förderung der Gleichstellung könnte auch in Deutschland an Bedeutung gewinnen, während der gesellschaftliche Druck auf Unternehmen wächst, diversitätssensible Strukturen zu etablieren.

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