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Im Kampf um den Fußball: Nichtbinäre Spieler:innen in Sachsen benachteiligt

Im März 2024 kommt es in Sachsen zu einem Rechtsstreit zwischen dem Sächsischen Fußballverband und dem Roten Stern Leipzig, da nichtbinären, trans- und inter-Personen wie Joni der Zugang zum Amateurfußball durch den Entzug von Spielpässen erschwert wird, obwohl der DFB Regelungen zur Förderung von Vielfalt und gegen Diskriminierung eingeführt hat.

In Sachsen wird aktuell ein bedeutendes rechtliches Leitthema im Amateurfußball verhandelt, das nicht nur die sportliche Teilhabe, sondern auch gesellschaftliche Identität berührt. Der Sächsische Fußballverband (SFV) und der Rote Stern Leipzig (RSL) stehen vor Gericht, um zu klären, wie Personen, die sich nicht binär, trans oder inter geschlechtlich identifizieren, im Fußball integriert werden können.

Rechtsstreit als Indikator für gesellschaftliche Herausforderungen

Der Rechtsstreit ist nicht nur eine Auseinandersetzung zwischen zwei Institutionen, sondern spiegelt auch die komplexen Fragen der Identität und der Teilhabe in einer zunehmend diversifizierten Gesellschaft wider. Besonders betroffen ist Joni*, eine nichtbinäre Person, die aufgrund der bisherigen Auslegung der Spielordnung monatelang vom Fußball ausgeschlossen wurde und nun auf rechtlichem Weg für ihre Sportrechte kämpft.

Kritik an fehlender Umsetzung von Gleichberechtigung

Obwohl der Deutsche Fußball-Bund (DFB) 2022 Regelungen verabschiedet hat, die die Teilnahme von nichtbinären und trans Personen am Fußball ermöglichen, bestehen in Sachsen erhebliche Hürden. „Wir streben eine Förderung der Vielfalt und die Verhinderung von Diskriminierung an“, erklärt der DFB. Warum die Umsetzung in Sachsen dennoch in Frage steht, verursacht Sorge und Frustration bei den betroffenen Spieler:innen.

Joni – ein Gesicht des Wandels

Joni, die seit 2019 für das Frauenteam des RSL spielt, erhielt von der Passstelle des SFV einen Spielpass, der jedoch Anfang 2023 entzogen wurde. Die Begründung dafür war das Fehlen „medizinischer Nachweise“, obwohl Joni bereits mit einem dgti-Ergänzungsausweis nachgewiesen hatte, dass sie nichtbinär ist. Diese Entscheidung führte nicht nur zur Streichung von Spielberechtigungen, sondern auch zur Absage mehrerer Spiele, die das Team als Folge der fehlenden Spieler:innen nicht ausführen konnte.

Unterschiede in der bundesweiten Handhabung

Im benachbarten Sachsen-Anhalt, wo die Regelungen deutlich besser auf die Bedürfnisse nichtbinärer Spieler:innen abgestimmt sind, erhält Joni bei Vorlage ihres dgti-Ergänzungsausweises sofort eine Spielberechtigung. Sam Müller, eine Vertrauensperson des Fußballverbands Sachsen-Anhalt, erklärt: „Wenn eine nichtbinäre Person zu uns kommt und sagt, dass sie unter dem neuen Spielrecht spielen möchte, reicht uns eine Selbstauskunft.“ Dies zeigt, wie wichtig die Sensibilisierung und Aufklärung der Verantwortlichen in Sportvereinen ist.

Die Rolle der Vertrauenspersonen und die notwendige Sensibilisierung

Die Funktion von Vertrauenspersonen in den Verbänden führt zur Auseinandersetzung mit Diskriminierung und schafft eine Grundlage für die Umsetzung von Gleichberechtigung. Aktuell wurde in Sachsen Steve Becker als neue Vertrauensperson berufen. Ereifernd betont er: „Es ist mein Wunsch, alle Flinta*-Teams in Sachsen zu besuchen, um gemeinsam die Bedürfnisse und Probleme zu erörtern.“ Hier ist großes Engagement gefragt, um tatsächlich eine positive Entwicklung für alle Spieler:innen zu erreichen.

Der Blick nach vorn: Warten auf rechtliche Entscheidungen

Die Klage des Roten Stern Leipzig gegen den SFV ist in vollem Gange. Ein Sportgericht hat bereits entschieden, dass die entzogenen Spielpässe nicht ohne weiteres ungültig gemacht werden können, und die Spieler:innen nun wieder am Spielbetrieb teilnehmen dürfen. Die Sache bleibt jedoch komplex: bis zur vollständigen Normalisierung müssen weiterhin Herausforderungen bewältigt werden.

Gesellschaftliche Implikationen und Ausblick

Der Fortgang des Verfahrens könnte weitreichende Konsequenzen für die Implementierung der neuen DFB-Regeln haben, die ab November 2023 einen neuen rechtlichen Rahmen schaffen sollen. Das Selbstbestimmungsgesetz könnte die Überprüfung von Geschlechtseinträgen und Namen vereinfachen, was den Wettbewerb und die Gleichberechtigung im Sport weiter ankurbeln würde. Doch bis alle erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, bleibt der Druck auf die Verbände, sich endlich den notwendigen Veränderungen zu stellen.

* Name geändert

Transparenzhinweis: Die Autorin Therese Werner spielt selbst Fußball bei den Leipziger Verkehrsbetrieben e.V., unter anderem gegen den RSL.

NAG

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