SachsenThüringen

Wahltrends in Ostdeutschland: Warum Crostwitz die AfD abweist

In den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen am Sonntag zeigt sich, dass die AfD in vielen Regionen stark abschneidet, während Orte wie Crostwitz und Jena, stark konservativ geprägt und von einem hohen Bildungsniveau sowie einer stabilen kommunalen Struktur geprägt, eine blaue Dominanz ablehnen und somit ein wichtiges Signal für die politische Landschaft des Ostens setzen.

Die politischen Umfragen deuten stark darauf hin, dass die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen eine markante Wende einleiten könnten. Insbesondere die rechtspopulistische AfD, die auch vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem klassifiziert wird, weist in Thüringen einen deutlichen Vorsprung gegenüber der CDU auf. In Sachsen hingegen kämpft die AfD um das Überleben gegen die Union.

Allerdings zeigt sich nicht überall in Ostdeutschland eine vorherrschende blaue Welle. Besonders in der sorbischen Gemeinde Crostwitz, die für ihre politische Stabilität bekannt ist, scheint die AfD wenig Spielraum zu haben. Hier wirbt der CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer aktiv auf Sorbisch und betont seine Rolle als „Ministerpräsident aller Sachsen“.

Wahlverhalten und lokale Dynamiken

Marko Klimann, der Bürgermeister von Crostwitz, erklärt, dass die Einbettung der Gemeinde nicht von einer einzigen Ursache abhängt. „Wir haben hier alles, was es anderswo auch gibt, wir sind hier keine Insel der Glückseligen“, sagt er. In einer ländlichen Idylle kämpfen die Bewohner mit Herausforderungen wie der mangelnden Erreichbarkeit von Dienstleistungen. Das Dorf hat zwar noch einen eigenen Bäcker, doch viele Geschäfte bleiben geschlossen.

Bei der letzten Landtagswahl hatte die AfD in Crostwitz nur 17 Prozent der Stimmen, während der landesweite Schnitt über 28 Prozent lag. Sogar bei der Europawahl schnitt die AfD hier mit knapp 21 Prozent miserabel ab, weit hinter der CDU, die mit 48 Prozent den stärksten Rückhalt in dieser Region erhielt.

Religiöse und kulturelle Einflüsse

Ein wesentlicher Faktor könnte die starke katholische Gemeinde in Crostwitz sein. Mit mehr als 3.700 Gläubigen ist sie die größte sorbischsprachige katholische Kirchengemeinde in Sachsen, und ihre Traditionen wirken stabilisierend auf die soziale Struktur des Dorfes. Politikwissenschaftler Hans Vorländer weist darauf hin, wie religiöse Bindungen und kulturelle Identität in solchen Regionen als koherente Kräfte fungieren. Der Pfarrer Měrćin Deleńk unterstreicht, dass trotz aller politischen Probleme die tiefe Verbundenheit der Menschen mit ihrem Glauben besteht.

Gleichzeitig wird das Wahlergebnis nicht ausschließlich religiös oder kulturell erklärt. Klimann weist darauf hin, dass die wirtschaftliche Situation der Gemeinde, auch wenn sie nicht rosig ist, einen positiven Einfluss auf die politisch Sozialisierung hat. Das wirtschaftliche Umfeld ist stabiler als in einigen anderen Teilen Sachsens. Obwohl Crostwitz von Abwanderung betroffen ist, hat die Bevölkerung in den letzten Jahren stabil bleiben können.

Im Gegensatz dazu erlebt die Universitätsstadt Jena eine ganz andere Dynamik. Hier ist die Bevölkerung deutlich jünger und gebildeter, da fast jeder Fünfte ein Student ist. Das Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen ist mit über 76.000 Euro zwar nicht bundesweit spitze, räumt Jena aber eine gute Position in Thüringen ein.

Vor den Wahlen drängen die Menschen in Jena auf den Schutz ihrer gesellschaftlichen Werte. Der Oberbürgermeister Thomas Nitzsche hebt hervor, dass jede Stimme zählt, um zu verhindern, dass die AfD im Landtag entscheidende Macht erlangt. Das Gefühl der Dringlichkeit wird besonders spürbar, weil die AfD bei der letzten Landtagswahl in Jena nur 11 Prozent der Stimmen erhielt, während die Linke und die Grünen eine dominante Rolle spielen konnten.

Das kommunikative Engagement der Bürger in Jena ist hoch, was sich in massiven Protesten gegen einen Wahlauftritt des AfD-Spitzenkandidaten Björn Höcke widerspiegelt. Solche Proteste sind nicht nur Ausdruck des politischen Willens, sondern auch ein Zeichen der Solidarität unter den Bürgern.

Die Entwicklungen in beiden Orten zeigen, dass trotz eines allgemeinen Trends in Ostdeutschland unterschiedliche lokale Phänomene am Werk sind. Jena und Crostwitz repräsentieren Beispiele, in denen ein Zusammenwirken von Bildung, religiösem Einfluss und lokalem Engagement eine Abgrenzung zur AfD ermöglicht. Die Wahl am Wochenende könnte also nicht nur die politischen Verhältnisse, sondern auch die lokalen Identitäten in eine neue Richtung beeinflussen.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"