Im historischen Kontext der Hexenverfolgungen in Europa ist die Behandlung von Kindern in der Zeit der Inquisition besonders alarmierend. Der Hexenexperte Professor Dr. Johannes Dillinger beleuchtet in einem Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“ die tragischen Schicksale von Kindern, die in Hohenzollern als Hexen angeklagt wurden. Diese Themen werfen ein Schlaglicht auf das gesellschaftliche Klima und die Ursachen der Verfolgungen junger Menschen.
Gesellschaftliche Hintergründe und das Stigma der „Hexenfamilien“
Die Kinder, die in den Verfolgungen zu Opfern wurden, stammten häufig aus sogenannten „Hexenfamilien“. Das bedeutet, dass ihre Verwandten bereits im Verdacht standen, mit Hexerei in Verbindung zu stehen. Dillinger beschreibt, dass es vor allem aus ärmeren Verhältnissen stammende Waisen oder Stiefkinder waren, die in der Dorfgemeinschaft isoliert waren und als Zielscheibe für Verdächtigungen dienten.
Der gefährliche Missbrauch von Kinderspielen
Ein weiterer Aspekt, den Dillinger anspricht, ist der Umgang der Erwachsenen mit den kindlichen Äußerungen. Viele der Kinder äußerten sich im Spiel und entblößten ihre Gedanken über imaginäre Freunde, was von Erwachsenen als Geständnis von Hexerei missinterpretiert wurde. Dieses Missverständnis zeigt, wie leicht unschuldige Kinderspiele zur Grundlage schwerwiegender Anschuldigungen werden konnten.
Die Rolle der Nachbarn und der Dorfgemeinschaft
In der dörflichen Gemeinschaft, in der diese Kinder lebten, war das Vertrauen gering. Dillinger hebt hervor, dass oft nicht nur die Nachbarn, sondern auch die Eltern der angeklagten Kinder die Verdächtigungen bestätigten. Um die eigene Sicherheit zu gewährleisten, schlossen sie sich der Hetze an, anstatt ihre Kinder zu verteidigen. Dies verdeutlicht die Verzweiflung und den Gruppendruck innerhalb der Gemeinschaft.
Illegale Prozesse und die Rolle der Gerichtsbarkeit
Es ist von entscheidender Bedeutung zu verstehen, dass die Verurteilungen und Hinrichtungen der Kinder nicht nur unmoralisch, sondern auch illegal waren, selbst nach den damaligen Standards. Dillinger macht klar, dass Magie und Hexerei nicht bewiesen werden können und die Kinder in einem Alter waren, in dem sie nicht für ihre angeblichen Taten verantwortlich gemacht werden konnten. Der Einfluss von Laien-Richtern, die an Hexerei glaubten, führte zu diesen inakzeptablen Urteilen.
Ein bleibendes Erbe und heutige Parallelen
Die historischen Ereignisse in Hohenzollern stehen nicht isoliert da. Dillinger weist darauf hin, dass während die Verfolgungen von Kinderhexen in Europa der Vergangenheit angehören, ähnliche Praktiken in vielen Teilen Afrikas heute noch stattfinden. Diese Erkenntnis macht deutlich, wie wichtig es ist, aus der Geschichte zu lernen und sicherzustellen, dass solche Gräueltaten nicht wiederholt werden.
Ein Appell zur Erinnerung
Dillinger plädiert dafür, die Opfer dieser unschuldigen Kinder nicht zu vergessen. Die Forschung über Hexenverfolgungen ist nicht nur ein historisches Unterfangen, sondern ein aktiver Versuch, Empathie und Verständnis für die betroffenen Menschen zu fördern. Durch die Auseinandersetzung mit dieser dunklen Geschichte können wir hoffen, dass solche Verfolgungen in der Zukunft verhindert werden und die menschliche Würde stets geachtet wird.
– NAG