Das Leben in der kleinen Gemeinde Taubendorf, im Herzen des Spree-Neiße-Kreises, hat sich in den letzten Monaten dramatisch verändert. Nach Jahrzehnten des Lärms und der Staubbelastung durch den nahegelegenen Tagebau Jänschwalde ist die Kohleförderung seit Dezember 2023 endgültig eingestellt. Ein bedeutender Schritt im Rahmen des beschlossenen Kohleausstiegs der Bundesregierung, doch die Herausforderungen für die Einwohner sind noch lange nicht überwunden.
Die ersten Monate ohne die massiven Schaufelradbagger brachten nicht die erhoffte ländliche Idylle. Anwohner wie Erika Kronke und ihre Schwester Helga Richter klagen weiterhin über die Folgen des ehemaligen Tagebaus. „Sand überall, Dreck ohne Ende“, beschreibt Kronke die anhaltenden Probleme. Obwohl die dröhnenden Maschinen verstummt sind, ist der feine, sandige Stoff, der durch den Wind aus den ehemaligen Tagebaugebieten wirbelt, nach wie vor eine Plage. „Sechs Eimer Sand habe ich aus der Dachrinne geholt“, erzählt Richter und weist darauf hin, dass der Sand sich sogar auf dem Küchentisch niederlässt, wenn das Fenster nachts offen bleibt.
Der Erbe des Tagebaus
Die Auswirkungen des Tagebaus sind in Taubendorf und den umliegenden Ortschaften deutlich spürbar. „Das ist alles Sand hier oben, der durch die Luft weht, total braun alles“, zeigt Werner Rogosky auf einem Foto. Lebendige Schilderungen von Anwohnern zeigen das Problem: Manfred Quaal beschreibt, dass der feine Sand seine Augen reizt und sogar zahnärztliche Probleme verursacht. „Man knirscht regelrecht mit den Zähnen“, so der Anwohner.
Der Tagebau Jänschwalde war über 50 Jahre in Betrieb und hinterlässt nun weitreichende Baumaßnahmen in Bezug auf die Rekultivierung. Der Betreiber Leag hat angekündigt, dass umfangreiche Arbeiten an den Kippenflächen und den Randbereichen noch mehrere Jahre in Anspruch nehmen werden. „Die Erdbau-Arbeiten werden bis zum Anfang der 2030er Jahre andauern“, teilt das Unternehmen mit. Diese lange Phase der Anpassung bedeutet, dass die Anwohner weiterhin mit den Nachwirkungen des Tagebaus leben müssen.
Ein weiteres großes Ärgernis für die Bürger ist der Wegfall des Zuschusses für Gießwasser, den die Leag früher gezahlt hat. „Sie bezahlen nichts mehr, aber pumpen noch ab“, kritisiert Marion Bulda aus dem Nachbarort Grießen. Mit dem Ende des Tagebaus sei auch die finanzielle Unterstützung zur Kompensation des abgepumpten Grundwassers weggefallen, während das Unternehmen weiterhin das Grundwasser absenkt – und das voraussichtlich bis in die 2040er Jahre. Die Leag bezeichnet dies jedoch als eine freiwillige Leistung und hat ihre finanziellen Hilfen eingestellt, da sie ihre Planungen entsprechend dem Kohleausstieg angepasst hat.
Die Aussichten auf Besserung
Die Anwohner in Grießen zeigen sich außerdem besorgt über die fehlende Anbindung an umliegende Dörfer, wie Peitz. „Es gab mal eine Straße, aber die wurde wegen des Tagebaus weggebaggert“, schildert Bernd Schulz. Derzeit müssen die Bewohner einen Umweg von etwa 15 Kilometern in Kauf nehmen, um zu ihren Nachbarn zu gelangen. Eine neue Straße durch das Areal des ehemaligen Tagebaus ist geplant und wird aktuell vom Landesbergamt geprüft – ihre Fertigstellung wird bis Dezember 2024 erwartet.
Eine positive Veränderung ist jedoch die gestiegene Nachtruhe in der Region. Die nächtlichen Geräuschkulissen, die durch die massive Aktivität des Tagebaus verursacht wurden, sind verstummt. Carmen Orbke, die Ortsvorsteherin von Grießen, erkennt die Erleichterung. „Die Geräusche raubten einem den Schlaf, das Quietschen der Loren war einfach schlimm“, erinnert sie sich. Die kommenden Wochen und Monate dürften für die Anwohner weiterhin herausfordernd bleiben, doch man hofft, dass ihre Lebensqualität durch die langsame Rückkehr zur Normalität gesteigert wird.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass die Einwohner von Grießen und Taubendorf trotz erheblichen Lärms und Staub jetzt die Stille genießen können, aber die Herausforderungen in Bezug auf Umwelt und Infrastruktur weiterhin ungelöst bleiben. Der Weg in eine neue Ära nach dem Kohleabbau ist voller Ungewissheiten und Daueraufgaben, die die Anwohner noch viele Jahre begleiten werden.
Das Erbe des Tagebaus
Der Tagebau Jänschwalde hat über 50 Jahre lang die Landschaft und das Leben der Menschen in der Umgebung geprägt. Während dieser Zeit wurde nicht nur Kohle gefördert, sondern es entstanden auch infrastrukturelle Veränderungen. Die früheren Dörfer und Felder wurden durch den Abbau in Mitleidenschaft gezogen. Ein Beispiel dafür ist, dass bereits bestehende Straßen und Wohngebiete Opfer der Abbauarbeiten wurden, was viele Familien zur Umsiedlung zwang. Die Lebensqualität in den betroffenen Orten hat sich durch den Tagebau nachhaltig verändert, da die Industrie oft als störend und gesundheitsschädlich wahrgenommen wurde.
Die Bürger von Grießen und Taubendorf sind nicht die einzigen, die unter den Auswirkungen des Tagebaus litten. Auch viele andere Gemeinden in der Lausitz haben mit den Nachwirkungen des Kohleabbaus zu kämpfen, wie etwa der Verlust der natürlichen Umgebung, die Wasserversorgungsproblematik und die wirtschaftlichen Umstellungen. Ein wichtiger Aspekt des Strukturwandels in dieser Region ist die Frage, wie die Menschen die erhaltenen Gelder aus den Abgaben gegenüber den störenden Auswirkungen abwägen.
Rekultivierung und ihre Herausforderungen
Die Rückführung der ehemaligen Tagebauflächen in einen naturnahen Zustand ist ein zentraler Bestandteil der Nachsorge. Die Rekultivierung umfasst nicht nur die Rückführung von Erdmaterial, sondern auch die Wiederherstellung von spezifischen Ökosystemen. Laut der Leag wird die Rekultivierung mehrere Jahre in Anspruch nehmen. Bis diese Maßnahmen vollständig abgeschlossen sind, bleibt die Umgebung eine Herausforderung für die Anwohner, die sich mit den Folgen des Abbaus auseinandersetzen müssen, wie etwa den anhaltenden Staub und die unzureichende Wasserverfügbarkeit.
Eine effektive Rekultivierung kann zu einem langfristigen Nutzen für die Umgebung führen, indem neue Lebensräume für Flora und Fauna geschaffen werden. Zudem bieten diese Flächen Raum für zukünftige Freizeitaktivitäten wie Wandern oder Angeln, was eine Erhöhung der Lebensqualität in den Dörfern bewirken könnte, sofern die Durchführung der Rekultivierung erfolgreich verläuft.
Einsehen der Bevölkerung und zukünftige Pläne
Das Ende des Kohleabbaus und die damit verbundenen Veränderungen haben bei vielen Anwohnern gemischte Gefühle hervorgerufen. Während einige die Ruhe und die Aussicht auf ein weniger belastendes Leben begrüßen, bleibt die Ungewissheit über die langfristigen Auswirkungen des vergangenen Abbaus und die Rekultivierung in den Köpfen der Menschen. Vertrautheit mit der Problematik kann die Akzeptanz neuen Entwicklungen und Veränderungsprozessen jedoch erleichtern.
Ein weiterer grundlegender Aspekt ist die Entwicklung alternativer wirtschaftlicher Perspektiven. Die Region muss nachhaltige Strategien finden, um die Abhängigkeit von der Kohle zu verringern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Der Übergang zu erneuerbaren Energien und anderen Wirtschaftszweigen erfordert Investitionen und eine starke Zusammenarbeit zwischen der Regierung, der Industrie und der Zivilgesellschaft.
Insgesamt ist die Situation in Grießen und Taubendorf ein Spiegelbild der Herausforderungen, vor denen viele ehemalige Tagebauregionen stehen. Die nächsten Jahre werden entscheidend sein, um sowohl die ökologischen als auch die sozialen Bedingungen der Region nachhaltig zu verbessern und neue Perspektiven für die Bewohner zu schaffen.