Thüringen

Björn Höcke und die Pläne zur MDR-Kündigung: Ein Blick auf die Realisierbarkeit

Nach der Landtagswahl im September 2024 plant Björn Höcke von der AfD in Thüringen, im Falle eines Wahlsiegs den MDR-Staatsvertrag zu kündigen und den Rundfunkbeitrag abzuschaffen, was laut Juristen weitreichende Folgen für die Medienfinanzierung und -unabhängigkeit in Deutschland haben könnte.

Stand: 24.07.2024 12:14 Uhr

Der Thüringer Rundfunk unterliegt aktuell einer politisch brisanten Debatte, insbesondere im Hinblick auf den bevorstehenden Wahltermin am 1. September 2024. Im Zentrum stehen die kontroversen Pläne von Björn Höcke und der Thüringer AfD, die einen tiefgreifenden Kurswechsel im öffentlichen Rundfunk anstreben.

Wahlprogramm der AfD

Einer der entscheidenden Punkte in Höckes Agenda ist die vollständige Kündigung des MDR-Staatsvertrags und die Abschaffung des Rundfunkbeitrags. Außerhalb von Parteitreffen äußerte Höcke: „Was passiert denn, wenn der Höcke dann Ministerpräsident wird? Kündigt der denn die Medienstaatsverträge? Ja, das macht der Höcke dann!“ Dies deutet darauf hin, dass eine AfD-geführte Regierung erhebliche Veränderungen im medialen Bereich anstreben würde.

Juristische Bewertung der Pläne

Trotz des angestrebten Vorgehens gibt es juristische Bedenken. Der Jurist Tobias Mast vom Leibniz-Institut für Medienforschung stellt klar, dass eine derartige Kündigung rechtlich durchführbar wäre, da die Thüringer Landesverfassung lediglich die Zustimmung des Landtags für den Abschluss, jedoch nicht für die Kündigung des Staatsvertrags verlangt. Dies könnte weitreichende Konsequenzen für die Finanzierung des Rundfunks in Thüringen haben, was aktuelle Einnahmen von etwa 160 Millionen Euro jährlich betrifft.

Warnung vor den Folgen

Mast warnt, dass die Thüringer Bevölkerung nicht mehr verpflichtet wäre, den MDR zu finanzieren. Dies könnte nicht nur die Existenzgrundlage des MDR gefährden, sondern auch die Unabhängigkeit der Berichterstattung im gesamten Bundesland infrage stellen. Einige Juristen argumentieren, dass eine Diskussion über die mögliche Schaffung eines „Grundfunks“ an Stelle des MDR in der Tat verfassungswidrig wäre.

Der MDR reagiert entspannt

Der MDR selbst zeigt sich jedoch gelassen und betont, dass selbst im Falle einer Kündigung des Staatsvertrags weiterhin das Programm im Bundesland aufrechterhalten werden könnte, da die Mitarbeiter weiterhin beim MDR angestellt wären. Die aktuellen Regelungen, die eine Beitragspflicht für die Bürger festschreiben, bleiben trotz eines solchen politischen Wandels bestehen. Der Juristische Direktor des MDR, Jens-Ole Schröder, erläutert dies in einem Interview und bekräftigt die Widerstandsfähigkeit des MDR als Zweiländeranstalt.

Finanzierungsalternativen und ihrem potentiellen Einfluss

Betrachtet man die Vorschläge der AfD, wird klar, dass die beschuldigte Umstrukturierung des Rundfunks auf einem drastischen Budgetkürzungsplan basiert, der eine Einsparung um 90 Prozent vorsieht. Diese Massnahme soll durch eine Steuer finanziert werden, die auf Unternehmen wie Amazon und Netflix abzielt. Kritiker warnen, dass dies die Unabhängigkeit des Rundfunks gefährden könnte, da eine direkte Finanzierung durch Steuergelder die Kontrolle der Politik über die Medieninhalte verstärkt.

Verbesserungsbedarf und Diskussionen über Verfassungsänderungen

Viele Juristen schlagen daher eine Änderung der Thüringer Landesverfassung vor, um sicherzustellen, dass auch eine Kündigung von Staatsverträgen nur mit Zustimmung des Parlaments erfolgen kann. Diese Maßnahme würde dazu beitragen, die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu schützen und einen politischen Einfluss auf den Rundfunk zu minimieren. Solche wichtigen Entscheidungen sollten nicht in den Händen eines Einzelnen liegen.

Die Debatte über die Zukunft des Thüringer Rundfunks wird mit Sicherheit die Wahlkampfthemen dominieren und könnte weitreichende Auswirkungen auf die Berichterstattung und die Medienlandschaft im Freistaat haben. Mehr zur Aufbereitung dieser Themen können Zuschauer im NDR-Medienmagazin ZAPP nachverfolgen.

NAG

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