In den letzten Monaten hat sich in Thüringen eine angespannte gesellschaftliche Atmosphäre entwickelt, die durch die politische Landschaft des Bundeslandes und die bevorstehenden Landtagswahlen verstärkt wird. Zwei gegensätzliche Gruppen treffen sich regelmäßig in Meiningen und spiegeln die tiefen Risse wider, die durch die Gesellschaft verlaufen.
Gegensätzliche Versammlungen in Meiningen
Einerseits findet eine Mahnwache für die Ukraine statt, in deren Rahmen Ukrainer und Deutsche gemeinsam für Frieden beten. Die Kulisse vor der Stadtkirche in Meiningen könnte friedlicher nicht sein. Auf der anderen Seite stehen Demonstranten, die mit russischen Fahnen und Reichsflaggen eine andere Botschaft vermitteln. Diese regelmäßigen Treffen verdeutlichen die wachsenden Spannungen und den regionalen Konflikt, der sich aus den aktuellen politischen Entwicklungen ergibt.
Befürchtungen in der ukrainischen Gemeinschaft
Die politische Stimmung scheint sich zu verlagern. Aktuelle Umfragen zeigen, dass die AfD unter Björn Höcke als stärkste Kraft zur Landtagswahl in Thüringen prognostiziert wird, gefolgt von der neu gegründeten Wagenknecht-Partei. Diese Entwicklungen bringen Besorgnis in der ukrainischen Gemeinde mit sich, wie Valentina Boiko erklärt. Die 36-Jährige, die vor zwei Jahren mit ihren Kindern aus der Ukraine geflüchtet ist, äußert ihre Ängste über die negative Wahrnehmung gegenüber Flüchtlingen in der Gesellschaft: „Ich fürchte vor allem um meine Kinder,“ sagt sie.
Die Ängste sind nicht unbegründet, da sowohl die AfD als auch die Wagenknecht-Partei eine kritische Haltung gegenüber den Hilfen für die Ukraine einnehmen.
Landtagswahl als Wendepunkt?
Die bevorstehende Landtagswahl stellt einen Wendepunkt dar, sowohl für die politischen Akteure als auch für die betroffenen Gemeinschaften. Während einige lokale Parteien versuchen, Unterstützung für die Ukraine zu mobilisieren, droht ein Stimmungsumschwung die Situation für geflüchtete Familien in Thüringen zu verschlechtern. Valentina Boiko stellt fest, dass sie in letzter Zeit sporadisch beleidigt wurde und dass einige Menschen ihrer Meinung nach Flüchtlinge als Belastung ansehen. Ihr Appell an die Gesellschaft ist klar: „Wir wollen niemandem zur Last fallen. Ich habe einen Job und zahle Steuern. Ich möchte etwas beitragen.”
Die Rolle der Demonstranten
Die andere Seite der Debatte ist von einem ausgeprägten Misstrauen geprägt. Die Demonstranten, die gegen die Regierungspolitik demonstrieren und die Pandemie-Maßnahmen als „Diktatur“ kritisieren, scheinen viele ihrer Ziele zu verfolgen, sprechen jedoch kaum darüber, was sie erreichen möchten. Ihre Versammlungen sind indikativ für die Unzufriedenheit in bestimmten Bevölkerungsteilen, die spürbar wächst, während sich politische Rahmenbedingungen ändern.
Über schaue auf die gesellschaftliche Spaltung
Diese gesellschaftlichen Spannungen sind auch ein Hinweis auf den Zustand der Demokratie und des sozialen Zusammenhalts in Thüringen. Valentina Boiko und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter befürchten, dass der Zuspruch zu populistischen Parteien die Botschaft der Solidarität und der Hilfsbereitschaft untergraben wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Wahlergebnis auf die zukünftige Zusammenarbeit und die Integration von Migranten und Flüchtlingen auswirken wird.