Thüringen

„Thüringen nach der Wahl: Ramelow als Schlüssel zur Regierungsbildung?“

Nach der Landtagswahl in Thüringen am 5. September 2024 könnten die Stimmen von Ministerpräsident Bodo Ramelow und der Linkspartei entscheidend sein, um der CDU, die Gespräche mit SPD und BSW führt, zur Mehrheit im Landtag zu verhelfen, was die politische Landschaft in der Region erheblich beeinflussen könnte.

Die politische Situation in Thüringen hat sich nach den jüngsten Landtagswahlen erheblich verkompliziert. Mit einem Drittel der Sitze im Landtag, die von der rechtsextremen AfD unter Björn Höcke gehalten werden, stehen alle anderen Parteien vor großen Herausforderungen. Eine Zusammenarbeit mit der AfD wurde vor der Wahl von allen anderen politischen Akteuren ausgeschlossen, was die Kluft zwischen den Parteien nur weiter vergrößert hat. Die CDU hat nun Sondierungsgespräche mit der SPD und der BSW aufgenommen, doch selbst dieses Bündnis vermag es nicht, eine Mehrheit zu erreichen. Daher ist die CDU eventuell auf Stimmen der Linkspartei angewiesen, die unter Bodo Ramelow geführt wird.

Politikwissenschaftler Christian Stecker aus Darmstadt beschreibt die Situation als ideologisch „absurd“. Aufgrund eines Unvereinbarkeitsbeschlusses der CDU vom Bundesparteitag ist eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei für die CDU-Parlamentsfraktion tabu. Stecker sieht jedoch Ramelow möglicherweise als Schlüssel zu einem Mehrheitsbündnis, da er keine Nachbindungen zur SED hat und als eher sozialdemokratisch gilt.

Ramelows potentielle Rolle in der Mehrheitsfindung

Die Möglichkeit, dass Ramelow sein Direktmandat in den „Dienst der Demokratie“ stellt, könnte eine Lösung darstellen. Dies würde bedeuten, dass CDU-Chef Voigt seinen Parteikollegen nicht direkt eine Zusammenarbeit mit der Linken erklären müsste, sondern schlichtweg eine frühere Regierungskoalition wieder aufleben lassen könnte. Solch ein Schritt würde allerdings sicherlich auf Widerstand stoßen, da der Unvereinbarkeitsbeschluss tief im politischen Selbstverständnis der CDU verwurzelt ist.

Allein der Gedanke, dass die CDU mit der Linkspartei kooperieren könnte, ruft die Schatten der Vergangenheit hervor. In einem Dokument aus dem Jahr 2018 warf die CDU der Linkspartei vor, sich nur unzureichend von den Verbrechen der DDR zu distanzieren. Dennoch könnte ein pragmatischer Ansatz erforderlich sein, um eine handlungsfähige Regierung zu bilden, und Ramelows Position könnte diesen Ansatz erleichtern.

Gemeinsame Vergangenheit und neue Kooperationsmodelle

In der letzten Legislaturperiode hatten CDU und Linkspartei bereits im sogenannten „Stabilitätspakt“ zusammengearbeitet. In diesen Abkommen haben sich die Regierungsfraktionen und die Union darauf verständigt, nur untereinander Mehrheiten für Gesetze zu finden, um gegenseitige Blockaden zu vermeiden. Obgleich während des Wahlkampfs alle Parteien betont haben, dass eine Minderheitsregierung unerwünscht wäre, bleibt die Realität, dass das politische Feld in Thüringen kaum Raum für die klassischen Mehrheitsverhältnisse lässt.

Auf die Frage der eventuell notwendigen neuen Regierungsmodelle hat Stecker einige Vorschläge gegeben. Zu diesen zählt die Einführung von sogenannten „agree-to-disagree-Klauseln“, bei denen Parteien ihre politischen Agenden aufteilen und nur in ausgewählten Bereichen Kompromisse suchen müssen. Diese Art der politischen Zusammenarbeit könnte auf den ersten Blick unorthodox erscheinen, hat jedoch in anderen Ländern, wie beispielsweise in Österreich unter Ex-Kanzler Sebastian Kurz, bereits funktioniert. Allen Beteiligten ist jedoch klar, dass eine klare Kommunikation unerlässlich ist, um das Vertrauen zwischen den Parteien nicht zu gefährden.

Am Montag entschied der Thüringer CDU-Landesvorstand, diese Sondierungsgespräche mit der SPD und der BSW offiziell zu führen. Gleichzeitig wies Ramelow Spekulationen, er könnte in die BSW-Fraktion wechseln, scharf zurück. Er möchte nach seiner Amtszeit als Regierungschef keine weiteren Positionen innerhalb der Linken anstreben und scheint entschlossen, diesen Teil seiner Karriere abzuschließen.

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