Eine unerwartete Wendung der Ereignisse hat die CDU in Thüringen in große Schwierigkeiten gebracht. Die einst so siegessichere Partei sah sich kurz vor dem Ende des Wahlabends mit der ernüchternden Realität konfrontiert: Das angestrebte Bündnis aus CDU, BSW und SPD hat keine Mehrheit im Erfurter Landtag erreicht. Statt der erhofften klaren Mehrheit mit dem Ministerpräsidenten-Kandidaten Mario Voigt wird die CDU nun gezwungen, ihre politischen Optionen neu zu überdenken.
Mit einer Wahlbeteiligung von 23,6 Prozent wurde die CDU zwar zweitstärkste Kraft im Freistaat, doch der Ausgang der Wahlen bringt die Partei in eine prekäre Lage. Der euphorische Kampfgeist, der auf dem Weg zur Wahl zu spüren war, ist abrupt einem Gefühl der Unsicherheit gewichen. Das schwache Abschneiden der SPD und der BSW, die beide ebenfalls nicht die gewünschten Ergebnisse erzielten, lässt die Neugestaltung der politischen Landschaft mühsam erscheinen.
CDU unter Druck
Angesichts der Tatsache, dass das angestrebte Koalitionsbündnis nur 44 Sitze erringt, fehlt den Parteien zur Mehrheit ein entscheidendes Mandat. Diese Situation bringt die CDU in eine Zwickmühle. Mario Voigt, der bis zu diesem Zeitpunkt mit den größten Ambitionen auf das Amt des Ministerpräsidenten fokussiert war, findet sich nun in einer Position wieder, in der er gezwungen ist, sowohl auf die AfD als auch auf die Linkspartei zuzugehen, um einen Regierungsanspruch aufrechterhalten zu können.
Die Fronten scheinen jedoch verhärtet. Die AfD wird von der CDU als unvereinbar eingestuft, was eine Zusammenarbeit unmöglich macht, doch auch Gespräche mit der Linkspartei wurden lange Zeit als Tabu betrachtet. Wie die Situation auf dem politischen Parkett jedoch zeigt, könnte ein Umdenken innerhalb der CDU bevorstehen – und das schnell. Markus Söder genießt mit seiner Aussage, dass er „Mario Voigt und Michael Kretschmer alle Freiheiten geben würde zu entscheiden, eben nur nicht mit der AfD“, einen gewissen Rückhalt in der Union, der das Bild der festgefahrenen Situation auflockern könnte.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass solche Überlegungen nicht aus der Luft gegriffen sind. Bei der Entscheidung auf dem 31. Parteitag der CDU im Dezember 2018 wurde zwar festgelegt, dass Koalitionen mit der AfD sowie der Linkspartei abzulehnen seien, nun stellt sich jedoch die Frage: Wie lange kann die CDU diesen Kurs beibehalten, wenn die politische Realität einen anderen Weg verlangt?
Die politische Lage in Thüringen bleibt angespannt, und die kommenden Tage werden entscheidend sein. Selbst wenn es CDU und Linke gelingen sollte, einen gemeinsamen Nenner zu finden, die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit mit dem neu gegründeten BSW bleibt bestehen, um die 15 Sitze, die für eine Erfolgsbilanz notwendig sind, zu sichern. Diese politische Dreiecksbeziehung wird zeigen müssen, ob die CDU bereit ist, ihre bisherigen Standpunkte zu überdenken oder ob sie an den traditionellen Prinzipien festhalten wird.