Digitale Rekonstruktionen antiker Seerouten
Forschungsprojekt zeigt Bedeutung römischer Handelsschifffahrt
Ein innovatives Forschungsprojekt zielt darauf ab, die antiken Handelsrouten und die Seefahrt der römischen Kaiserzeit genauer zu erforschen. In einem bemerkenswerten Unterfangen haben Wissenschaftler des Projektes aus Trier ein nachgebautes römisches Handelsschiff, bekannt als „Bissula“, im Mittelmeer getestet. Diese Testfahrten haben wichtige Daten geliefert, die nun zur Erstellung eines interaktiven digitalen Routenatlasses eingesetzt werden.
Ein Blick auf die Konstruktion der „Bissula“
Das im Zeitraum von 2017 bis 2019 unter der Leitung von Christoph Schäfer, einem Althistoriker an der Universität Trier, nachgebaute Schiff ist 16 Meter lang und 5 Meter breit. Der Bau erfolgte mit Unterstützung von Studenten und Handwerkern und stellt eine originalgetreue Nachbildung dar. Die „Bissula“ wurde Mitte September 2023 nach Südfrankreich transportiert und diente als Testschiff zur Sammlung relevanter Daten.
Erkenntnisse aus Testfahrten
Die mehrwöchigen Testfahrten in der Bucht vor Cannes haben gezeigt, dass die „Bissula“ selbst bei starkem Wellengang stabil bleibt. Diese bemerkenswerte Stabilität ermöglicht es den Forschern, präzisere Simulationen der Routen der antiken Kapitäne zu erstellen. Schäfer beschreibt die gesammelten Daten als einen „Quantensprung“ im Verständnis der Seefahrtspraktiken zur Zeit der römischen Kaiser.
Bedeutung für die moderne Wissenschaft
Die auf den Daten basierenden Simulationen ermöglichen es, realistische Reisezeiten zwischen wichtigen Handelsstädten wie Karthago und Rom oder Rom und Alexandria zu berechnen. Solche Erkenntnisse sind nicht nur für Historiker von Bedeutung, sondern bieten auch tiefere Einsichten in den Handel und die Logistik der Antike. Die Verwendung von 20 Jahren Wetterdaten soll die Fahrzeiten praktisch tagesgenau machen, was früher nie möglich war.
Weitreichende Pläne für die Zukunft
Das Projekt ist jedoch nicht auf die „Bissula“ beschränkt. Forscher haben bereits Pläne, weitere Schiffstypen zu rekonstruieren, um ein umfassenderes Verständnis des römischen Seeverkehrs zu erlangen. Die Erprobung von Großmodellen im Maßstab eins zu drei könnte die Forschung weiter voranbringen. Dadurch könnten auch die Methoden zur Berechnung und Simulation von Routen erweitert werden.
Fazit und gesellschaftliche Bedeutung
Das Vorhaben, unterstützt von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bis voraussichtlich 2030, hat das Potenzial, unser Wissen um die wirtschaftlichen Verflechtungen des römischen Reiches erheblich zu bereichern. Die Öffentlichkeit wird durch den digitalen Atlas, der in wenigen Wochen freigeschaltet werden soll, direkten Zugang zu diesen historischen Seerouten erhalten. Damit wird nicht nur das Interesse an der Geschichte gefördert, sondern auch das Verständnis für die komplexen Handelsnetzwerke der Antike vertieft.