Gewalt gegen Geflüchtete in der Türkei: „Die Kinder trauen sich nicht mehr, das Haus zu verlassen“
Seit einigen Tagen kommt es vermehrt zu gewaltsamen Übergriffen gegenüber syrischen Geflüchteten in der Türkei. Diese Gewalttaten haben nicht nur zur Zerstörung von Geschäften und Fensterscheiben geführt, sondern auch dazu, dass sich Schutzsuchende in ständiger Angst befinden. Besonders in der Stadt Kayseri, in der Migrant*innen etwa 5 Prozent der Bevölkerung ausmachen, wurde ein Video in den sozialen Medien geteilt, das die Vergewaltigung eines angeblich türkischen Mädchens durch einen Syrer zeigen soll. Dieses Video sorgte für weitreichende Empörung und führte zu gewalttätigen Ausschreitungen von türkischen Gruppen, die Geschäfte, Wohnhäuser, Autos und Motorräder zerstörten oder in Brand setzten, die angeblich syrischen Staatsbürger*innen gehören. Hunderte von Geschäften wurden zerstört, was dazu führte, dass viele Geflüchtete ihre Haupteinnahmequelle verloren haben und nun ihre Familien nicht mehr ernähren können. Zudem wurden Einrichtungen, die den Schutzsuchenden medizinische Versorgung, erschwingliche Lebensmittel oder Beratung anbieten, ebenfalls Opfer von Vandalismus. Für geflüchtete Familien hat sich die Situation dadurch weiter verschärft.
Joshua Hofert, Vorstandssprecher von terre des hommes, äußert die Befürchtung, dass diese Gewalt gegen Geflüchtete in der Türkei weiter eskaliert. Es kam bereits in anderen Provinzen zu massiven Ausschreitungen. Internationale Medien berichten landesweit bereits von mindestens sieben Todesopfern. Vor kurzem wurden außerdem über einen Telegram-Kanal personenbezogene Dokumente von etwa drei Millionen in der Türkei registrierten Syrer*innen veröffentlicht. Obwohl dieser Vorfall noch nicht offiziell bestätigt wurde, würde dies eine massive Verletzung der Privatsphäre darstellen und diese Menschen zu weiteren Angriffszielen machen.
Der gezielt ausgelöste Hass verstärkt die Ängste der Schutzsuchenden. Geflüchtete in der Türkei sind besorgt. Partnerorganisationen vor Ort berichten, dass Eltern öffentliche Plätze wie Parks meiden, in denen ihre Kinder zuvor mit Kindern anderer Nationalitäten gespielt haben. Die Kinder trauen sich nicht mehr aus dem Haus. Die Gewaltausbrüche in der Türkei verdeutlichen erneut, dass migrationsfeindliche Rhetorik in Gewalt umschlägt. Aufgrund von Einzelfällen werden ganze Gruppen verfolgt, was verheerende Auswirkungen auf Kinder und ihre Familien hat. Die Situation zeigt, dass Schutzsuchende in der Türkei keineswegs sicher sind. Die Einstufung der Türkei als „Sicherer Drittstaat“ durch den EU-Türkei-Deal ist nicht gerechtfertigt und gefährdet Kinder und ihre Familien auf der Flucht.
Insgesamt müssen Maßnahmen ergriffen werden, um diese Gewalt gegen Geflüchtete in der Türkei zu stoppen. Die Sicherheit und das Wohlergehen der Schutzsuchenden sollten oberste Priorität haben. Es ist wichtig, dass die Türkei und internationale Gemeinschaft geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Geflüchteten zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie sich sicher fühlen können. Es darf nicht zugelassen werden, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Fluchtgründe Opfer von Gewalt werden.
– NAG