Ulm

Ulm an der Spitze: Personalisierte Medizin im Kampf gegen Krebs

In Ulm hat das Zentrum für Personalisierte Medizin unter der Leitung von Professor Dr. Thomas Seufferlein Staatssekretärin Ute Leidig empfangen, um finanzielle Unterstützung für den Ausbau ihrer individuellen Therapien im Kampf gegen Krebs zu erbitten, da trotz Fortschritten in der Behandlung etwa 75 Prozent der Patienten nicht von bestehenden Therapien profitieren.

In Ulm wird die personalisierte Medizin neu definiert und wird als Hoffnungsträger für viele Krebspatienten angesehen. Dabei erschüttert eine alarmierende Zahl die positiven Entwicklungen: Professor Dr. Thomas Seufferlein, Sprecher des Zentrums für Personalisierte Medizin an der Ulmer Uniklinik, erklärt, dass etwa 75 Prozent der Patienten nicht von den angebotenen Therapien oder Medikamenten profitieren. Inmitten dieser ernüchternden Realität stehen jedoch bedeutende Fortschritte in der individuellen Behandlung von Krebserkrankungen, die die Ärzte in Ulm vorantreiben.

Diese Woche traf sich Staatssekretärin Ute Leidig mit den Verantwortlichen des Zentrums, um das Thema Finanzierung zu besprechen. Während die Krankenkassen oft die Kosten für personalisierte Medizin abdecken und der Staat finanzielle Unterstützung leistet, gibt es weiterhin beträchtlichen Finanzierungsbedarf in Höhe von mehreren Millionen Euro. Insbesondere drei Millionen Euro sind für die Datenspeicherung und eine notwendige IT-Ausrüstung eingeplant. „Wir sprechen nicht mehr von Terabyte, sondern bereits von Petabyte an Daten“, sagt Seufferlein und betont die Dringlichkeit weiterer finanzieller Unterstützung von Bund und Land.

Neuartige Therapien und Herausforderungen

Die personalisierte Medizin zielt darauf ab, Therapien individuell auf den Patienten zuzuschneiden. Dies ist besonders wichtig für Menschen, die bereits zahlreiche erfolglose Behandlungen hinter sich haben. Die Methode hat sich als besonders vorteilhaft erwiesen, vor allem bei seltenen Tumorerkrankungen. Seufferlein unterstreicht: „Wir analysieren den Tumor molekulargenetisch, um gezielte Medikamente einzusetzen.” Diese Maßnahmen führen nicht nur zu präziseren Diagnosen, sondern auch zu geringeren Nebenwirkungen für die Patienten.

Dennoch gibt es auch Schattenseiten der personalisierten Medizin. Diese Behandlungen sind zeit- und kostenintensiv für jeden einzelnen Patienten. Manchmal erfordern sie die Verwendung von Medikamenten außerhalb ihrer offiziellen Zulassungen, ein Prozess, der in der Fachsprache als „Off-Label-Use“ bekannt ist. Dieser Ansatz birgt Risiken und Unsicherheiten, sowohl für die Ärzte als auch für die Patienten.

Entscheidungsprozesse und Einsatzgebiete

Ein entscheidender Aspekt der personalisierten Medizin in Ulm ist das interdisziplinäre Tumor-Board, das aus Experten verschiedener Fachrichtungen besteht. Diese Gruppe entscheidet, welche Patienten für eine personalisierte Therapie in Frage kommen. Leider wird im Durchschnitt nur einer von zehn Patienten für eine solche Therapie ausgewählt. Dr. Verena Gaidzik, die stellvertretende Sprecherin des Zentrums, erklärt: „Normalerweise wird Medikament A nur bei Lungenkrebs angewendet. Wenn jedoch auch bei einem Patienten mit Magentumor die gleiche Genveränderung festgestellt wird, versuchen wir dennoch, dieses Medikament zu beantragen.”

Die personalisierte Medizin findet vor allem Anwendung bei Brustkrebs, Lungentumoren sowie Gehirntumoren, wo die individuellen Unterschiede der Krankheiten maßgeblich für den Therapieansatz sind. Ärzte streben danach, ein umfassendes Bild von der Krankengeschichte und den Genen des Patienten zu erhalten, um optimal zugeschnittene Behandlungen anbieten zu können. Ein flächendeckender Einsatz dieser Methode scheint jedoch aufgrund des hohen Aufwands und der damit verbundenen Kosten derzeit kaum realisierbar.

Ulm und Baden-Württemberg positionieren sich als Vorreiter auf diesem Gebiet. Die Ulmer Uniklinik arbeitet eng mit Kliniken in Heidelberg, Freiburg und Tübingen zusammen, um innovative Behandlungsformen zu entwickeln. Die Pionierarbeit in der personalisierten Medizin könnte nicht nur den Patienten in der Region zugutekommen, sondern auch als Modell für andere Bundesländer dienen.

Ein vielversprechender Weg in die Zukunft

Die Fortschritte in der personalisierten Medizin und die Entwicklung neuer Therapien zeigen vielversprechende Ansätze im Kampf gegen Krebs. Trotz der Herausforderungen, insbesondere in finanzieller Hinsicht, könnte der Einsatz individualisierter Behandlungen künftig dazu beitragen, die Heilungschancen für viele Patienten erheblich zu verbessern. Die Entwicklungen in Ulm sind nicht nur ein Lichtblick, sondern könnten auch weitreichende Änderungen im medizinischen Ansatz zur Behandlung von Krebserkrankungen zur Folge haben.

Forschung und Entwicklung in der personalisierten Medizin

Die Forschung in der personalisierten Medizin hat in den vergangenen Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. In Deutschland haben mehrere Projekte und Studien dazu beigetragen, das Verständnis von Krebserkrankungen und deren Behandlung zu vertiefen. Besondere Aufmerksamkeit wird aktuellen klinischen Studien geschenkt, die verschiedene Ansätze zur Identifizierung von Biomarkern untersuchen. Diese Biomarker sind entscheidend für die Auswahl der geeigneten Therapie und können dabei helfen, die Wirksamkeit von Behandlungen vorherzusagen.

Ein Beispiel für wichtige Forschung in diesem Bereich ist die „Nationalen Dekade gegen Krebs“, ein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiiertes Programm, das darauf abzielt, innovative Forschungsansätze in der Krebsforschung zu fördern. Diese Initiative beinhaltet auch die Förderung der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Forschungseinrichtungen, Universitäten und Kliniken in Deutschland, um die Erfolgsaussichten für Patienten zu erhöhen.

Wirtschaftliche Aspekte der personalisierten Medizin

Die ökonomischen Herausforderungen der personalisierten Medizin sind vielschichtig. Während die Entwicklung neuer Therapien und Medikamente hohe Investitionen erfordert, steht häufig die Kostenerstattung der Krankenkassen in Frage. Die teuersten Therapien, insbesondere solche, die in Forschungsprojekten entwickelt werden, sind oft nicht sofort wirtschaftlich tragfähig. Studien haben gezeigt, dass die Höhe der Therapiekosten teilweise auch einen nicht unerheblichen Druck auf das Gesundheitssystem ausübt.

Laut dem wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) stiegen die Kosten für die Onkologie in den letzten Jahren stetig an. Im Jahr 2020 waren die Ausgaben für onkologische Medikamente in Deutschland allein auf etwa 19 Milliarden Euro gestiegen. Dabei ist die Einsicht, dass innovative, personalisierte Therapien zwar teuer sein können, jedoch häufig auch die Lebensqualität der Patienten merklich steigern und somit langfristige Kosteneinsparungen durch weniger Krankenhausaufenthalte und Behandlungen mit sich bringen können.

Patientenperspektive und individuelle Erfahrungen

Die persönliche Perspektive von Patienten ist ein wichtiger Aspekt der Diskussion um die personalisierte Medizin. Viele Patienten berichten von gemischten Erfahrungen, wenn es um neue, personalisierte Therapien geht. Während einige Patienten von signifikanten Verbesserungen berichten, stellen andere die Wirksamkeit der Behandlungen in Frage. Ein besonders bewegendes Beispiel ist die Erfahrung von Patienten, die an seltenen Krebserkrankungen leiden und oft enttäuscht von den standardisierten Behandlungsmethoden sind.

In Umfragen zeigt sich, dass viele Patienten sich eine stärkere Einbeziehung in den Entscheidungsprozess wünschen, insbesondere wenn es um innovative Therapien geht. Die gezielte Kommunikation zwischen Ärzten und Patienten spielt daher eine entscheidende Rolle, um das Vertrauen zu stärken und die Akzeptanz neuer Therapieansätze zu fördern.

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