Stand: 26.07.2024 06:00 Uhr
Die Uraufführung einer unkonventionellen musikalischen Dichtung zu Caspar David Friedrichs „Eismeer“ im Greifswalder Dom setzt nicht nur einen kulturellen Akzent, sondern regt auch zur Reflexion über zeitgenössische Themen an, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel.
Die Verknüpfung von Kunst und Umweltbewusstsein
Die neue Komposition von Christian Jost beleuchtet nicht nur die künstlerischen Qualitäten von Friedrichs Werk, sondern nimmt auch Bezug auf aktuelle Umweltfragen. Mit dieser dreisätzigen musikalischen Darstellung schöpft Jost aus der Erzähltradition Friedricks, der oft Geschichten in seinen Bildern versteckt. „Das Eismeer“ als Bild und Klang spielt auf die Dramatik des menschlichen Versagens und das Verschwinden von Natur inmitten der Zivilisation an.
Uraufführung im Greifswalder Dom
Die Premiere fand im Rahmen der Festspiele MV im historischen Greifswalder Dom statt. Auf der Bühne interpretierten der renommierte Geiger Daniel Hope, das Zürcher Kammerorchester, das Signum Saxophone Quartet und Lukas Böhm am Vibraphon die Komposition, wobei Jost die musikalische Leitung übernahm. Diese musikalische Zusammenstellung hebt die kulturelle Bedeutung der Veranstaltung hervor und zeigt, wie die klassische Musik weiterhin Brücken zu aktuellen Themen schlägt.
Romantische Klänge und moderne Resonanz
Christian Jost beschreibt seine Musik als vollständig romantisch, die jedoch in der heutigen Zeit verwurzelt ist. Die Komposition beginnt mit zarten, filigranen Saxophonklängen, die die Kälte und die mysteriöse Natur des Bildes widerspiegeln. „Das Eismeer“ wird nicht nur akustisch erlebbar gemacht, sondern auch die Emotionen der Hörer werden aktiviert. Jost zielt darauf ab, die Zuhörer in einen Zustand der Reflexion zu versetzen, indem er die gegensätzlichen Elemente von Schönheit und Trauer in den Vordergrund stellt.
Ein unverhofftes Erbe und gesellschaftliche Relevanz
Friedrichs Gemälde gilt als Darstellung des „Scheiterns“, ein Thema, das auch in der Komposition wiederkehrt. Jost freut sich über die Reaktionen der Musiker, die während der intensiven Probenphase in Zürich gearbeitet haben. Das Saxofonquartett hatte sich im Vorfeld intensiv mit den Noten auseinandergesetzt, was zu einem harmonischen und berührenden Ergebnis führte. Jost betont, dass seine Musik stark an Emotionalität gebunden sei und darauf abzielt, den Zuhörern eine Geschichte näherzubringen, die auch bei ihnen eine Wahrnehmung der gegenwärtigen Herausforderungen hervorruft.
Ein Aufruf zur Bewahrung der Schönheit
„Wir leben in Zeiten, in denen es darauf ankommt, unsere Umwelt zu schützen“, erklärt Jost. Die Verbindung von Kunst und Klangsprache soll einen Appell adressieren, um die Tiefen der emotionalen und kulturellen Erfahrung zu erwecken. „Das Eismeer“ spiegelt nicht nur Friedrichs künstlerisches Erbe wider, sondern auch die Verantwortung, die jeder Einzelne in der heutigen Welt hat.
Der Weg nach vorn
Mit einer zweiten Aufführung am 27. Juli 2024 in der Festspielscheune Ulrichshusen zeigt sich, dass das Stück eine nachhaltige Resonanz finden könnte. Die Bezüge zur gegenwärtigen Zeit und die Wertschätzung für die Natur sind Themen, die nicht nur für den Kunstbetrieb von Bedeutung sind, sondern auch jeden Einzelnen betreffen sollten.
Weitere Informationen
Wie groß Caspar David Friedrichs Einfluss auch heute noch ist, zeigen die rege Nachfrage nach seinen Arbeiten und der Erfolg seiner Werke in Kunstprojekten. Geboren 1774 in Greifswald, gilt er als einer der bedeutendsten Landschaftsmaler seiner Zeit.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Der Morgen | 26.07.2024 | 08:20 Uhr
– NAG