Gute Nachrichten für Umweltfreunde und Naturliebhaber: Die Rotbauchunke, ein kleiner, etwa fünf Zentimeter langer Froschlurch, meldet sich zurück. Mit ihrer dunklen, melancholischen Stimme ruft sie Uuuh-Uuuh-Uuuh in die Frühlingsluft – ein Zeichen dafür, dass sich trotz früherer Bedrohung durch Habitatverlust und Umweltverschmutzung etwas tut. Die Rotbauchunke hat rund um die Ostseeinsel Fehmarn, einst ihr angestammtes Paradies, wieder Fuß gefasst.
Im letzten Jahrhundert ging der Lebensraum der unvergessenen „Nachtigall von Fehmarn“ rasant zurück. Vor der industriellen Landwirtschaft blühte die Region mit Zuckerwattenblüten und klaren Teichen. Doch die Umwandlung fruchtbaren Weidelands in sterile Äcker sowie die Verschmutzung von Gewässern durch Gülle hatten katastrophale Folgen. Nun gilt die Rotbauchunke in Deutschland als stark gefährdet, und es bedurfte innovativer Ansätze, um sie zu retten.
Die großangelegte Rettungsaktion
Hauke Drews, ein engagierter Biologe und Amphibienexperte bei der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein, spielt eine zentrale Rolle im Überlebenskampf der Rotbauchunke. Mit einem Augenzwinkern bezeichnet er sich selbst als „Froschkonzertmanager“. In den vergangenen Wochen hat er zusammen mit seinem Team 3600 junge Rotbauchunken in mehrere Projektgebiete Schleswig-Holsteins ausgesetzt, um deren Fortpflanzung zu sichern. Es ist ein zartes Pflänzchen Hoffnung, denn in freier Natur überlebt nur jede zehnte Unke.
Der erste Schritt zur Rettung dieser besonderen Art fand bereits 2003 statt, als Drews mit einem bahnbrechenden Programm namens „Programm Q“ begann. Dänemark, damals Vorreiter in Sachen Amphibienschutz, trat als wichtiger Partner auf, und gemeinsam legten sie den Grundstein für eine nachhaltige Rettungsstrategie. Drews fing drei der letzten Überlebenden auf Fehmarn und brachte diese zu einem landwirtschaftlichen Betrieb, wo sie in einem speziell dafür eingerichteten Aquarium einen komfortablen Brutplatz fanden.
Erfolge und Herausforderungen
Dank dieser Anstrengungen werden inzwischen positive Entwicklungen registriert. Die Rotbauchunke, die auf der Roten Liste nach Jahrzehnten des Rückgangs mittlerweile als stark gefährdet eingestuft ist, zeigt Anzeichen von Fortschritt. Drews führt drei grundlegende Ziele im Rahmen seiner Mission an: das Überleben der Rotbauchunke sichern, kleine Populationen zum Wachsen bringen und die Artenvielfalt wiederherstellen. Die Erfolge sind nicht zu leugnen – sie sind zudem ein Grund zum Feiern für den Biologen.
Mit der Unterstützung seiner Stiftung wurden landwirtschaftliche Erschließungen durchgeführt und insgesamt 600 Teiche angelegt, um den Lebensraum für die Unken zu verbessern. Die Pflanzen und Tiere, die an diesen Gewässern leben, helfen nicht nur den Rotbauchunken: Die Maßnahmen kommen auch vielen anderen Arten wie der Wechselkröte oder der Kreuzkröte zugute.
„Ich sehe wieder öfter Störche, die Moore absammeln“, berichtet Drews aus seiner täglichen Arbeit, die ein signifikantes Zusammenspiel von Lebensraumschutz und Artenschutz umfasst. Aneinanderhängende Lebensräume funktionieren nur dann, wenn die Natur ein harmonisches Gleichgewicht aufweist, und das Engagement für die Rotbauchunke ist ein Schritt in diese Richtung.
Dennoch gibt es Herausforderungen. Auf Fehmarn ist die Population derzeit kleiner als 2017, bedingt durch trockene Wetterbedingungen, die den Wasserstand in den Teichen negativ beeinflussten. Der Weg zu stabilen und robusten Populationen ist noch lange nicht zu Ende, und Drews lässt keinen Raum für Pause: „Wir müssen weitermachen.“
Was die Unke über uns verrät
Die Rotbauchunke fungiert als „Signalart“, was bedeutet, dass ihr Rückgang auf ernsthafte ökologische Probleme hinweist. Diese Art ist besonders anfällig, da sie nur eine begrenzte Anzahl von Eiern produziert, im Gegensatz zu anderen Amphibien, die Tausende von Nachkommen haben. Ein Rückgang würde also nicht nur diese Art, sondern auch andere Arten gefährden, die in dem gleichen Lebensraum existieren.
Hauke Drews sieht das Leben der Rotbauchunke nicht isoliert. „Wenn wir sicherstellen wollen, dass die Froschkonzerte weiterhin ertönen, müssen wir auch andere Bewohner des Ökosystems schützen“, sagt er. Außerdem führt ihre Rückkehr zu einer positiven Auswirkung auf den Tourismus, was Drews mit einem amüsierten Lächeln kommentiert: „Amphibienrettung löst auch Tourismus aus.“
Schutzmaßnahmen für die Rotbauchunke
Die erfolgreiche Rettung der Rotbauchunke ist das Ergebnis umfangreicher Schutzmaßnahmen, die seit Beginn der 2000er Jahre durchgeführt werden. Aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber Habitatverlust und den Auswirkungen der Intensivierung der Landwirtschaft ist ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich.
Die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein hat gezielte Programme zur Renaturierung von Lebensräumen ins Leben gerufen. Dazu gehört die Wiederherstellung und Pflege von Feuchtgebieten und die Schaffung von Teichlandschaften, die für die Fortpflanzung der Rotbauchunken optimal sind.
Zudem wurden Aufklärungsmaßnahmen für Landwirte und Anwohner gestartet, um das Bewusstsein für die Bedeutung der Rotbauchunke und ihrer Lebensräume zu erhöhen. Die Zusammenarbeit zwischen Naturschutzorganisationen, landwirtschaftlichen Betrieben und Gemeindevertretern ist entscheidend, um Konflikte zu minimieren und nachhaltige Lösungen zu finden.
Beispiele erfolgreicher Renaturierung
- Bewirtschaftung von Gewässern: In mehreren Pilotprojekten wurden bestehende Gewässer revitalisiert, um eine angemessene Wasserqualität zu gewährleisten. Dies schließt die Reduktion des Nährstoffeintrags durch Düngemittel ein.
- Förderprogramme für Landwirte: Landwirte, die ökologische Praktiken umsetzen, können finanzielle Unterstützung durch staatliche Programme erhalten, was zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung führt.
- Öffentlichkeitsarbeit: Führungen, Workshops und Veranstaltungen werden organisiert, um die lokale Bevölkerung für die Rotbauchunke zu sensibilisieren und sie in Schutzmaßnahmen einzubeziehen.
Ökologische Bedeutung der Rotbauchunke
Die Rotbauchunke spielt eine essentielle Rolle im Ökosystem, da sie sowohl als Prädator als auch als Beute innerhalb ihrer Umgebung fungiert. Ihre Rückkehr in die Region ist ein Indikator für die Gesundheit des Habitats. Wenn die Rotbauchunke sich in einem Gebiet stabilisiert, zeigt dies, dass auch andere Pflanzen- und Tierarten von einem intakten Lebensraum profitieren können.
Die Rotbauchunke und ihre Lebensgemeinschaften tragen zur biologischen Vielfalt bei, die für das Funktionieren von Ökosystemen und den Erhalt natürlicher Ressourcen unerlässlich ist.
Diese Art kann als „Bioindikator“ bezeichnet werden, da ihre Anwesenheit auf ein ausgewogenes Verhältnis von Flora und Fauna hinweist. Ist die Rotbauchunke im Rückgang begriffen, ist dies oft ein Zeichen für Umweltprobleme, die gegebenenfalls auch andere Arten betreffen können.
Zusammenhang mit anderen Arten
Der Schutz der Rotbauchunke hat positive Auswirkungen auf eine Vielzahl anderer Arten, einschließlich anderer Amphibien, Insekten und Wirbeltiere. Die verbesserte Gewässerqualität und das geschützte Lebensumfeld fördern auch die Ansiedlung seltener Tierarten, was zu einem stabileren und vielfältigeren Ökosystem führt. Beispiele für solche Arten sind die Moorrana und die Knoblauchkröte, deren Lebensräume ebenfalls durch die Schutzmaßnahmen profitiert haben.