Vogelsbergkreis

Brunnenwasser in Alsfeld: Nitratbelastung bleibt besorgniserregend

Der Verein VSR-Gewässerschutz hat am 19. Juni 2024 in Alsfeld 16 Brunnenwasserproben untersucht und festgestellt, dass die Nitratbelastung trotz geltender Düngeregeln nicht ausreichend sinkt, weshalb er dringend Baumstreifen auf den Feldern empfiehlt, um die Wasserqualität zu verbessern und die Umwelt zu schützen.

In Alsfeld hat der Verein VSR-Gewässerschutz alarmierende Ergebnisse von einer Untersuchung des Brunnenwassers präsentiert. Trotz strenger Düngeregelungen zeigt sich weiterhin eine bedohliche Nitratbelastung im Grundwasser. Am 19. Juni wurden 16 Brunnenwasserproben zur Analyse eingesandt, deren Auswertung deutlich machte, dass der Nitratgehalt in den Brunnen nicht wie gewünscht zurückgegangen ist. Dies wirft Fragen zur Effizienz der existierenden Maßnahmen auf.

Milan Toups, ein Mitglied des Vereins, erläuterte am Infostand, wie besorgte Bürger über die Ergebnisse der Wasseruntersuchungen informiert wurden. Während des Gesprächstermins äußerten einige Anwohner den Wunsch, auch Proben von ihrem eigenen Brunnen zu analysieren. Toups betonte, dass Interessierte über die Webseite des Vereins zeitnah weitere Proben einsenden können, um Teil der laufenden Messkampagne zu werden.

Nitratgehalt und Handlungsbedarf

Die Ergebnisse sind ernüchternd: In jeder fünften Probe wurde der Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter überschritten. Besonders alarmierend sind die Werte in den Gartenbrunnen von Berfa, Eudorf und Elbenrod, wo Nitratkonzentrationen von bis zu 70 mg/l festgestellt wurden. Der Experte Harald Gülzow mahnte an, dass die Nitratrichtlinie der EU eine Überschreitung dieses Wertes unbedingt verhindern muss. Im vergangenen Jahr konnte nur durch intensive Verhandlungen ein Vertragsverletzungsverfahren mit drohenden Strafzahlungen abgewendet werden.

Der VSR-Gewässerschutz fordert daher ein Umdenken beim Management der Flächen im Vogelsbergkreis, wo fast die Hälfte aller landwirtschaftlicher Flächen Ackerland sind. Intensive Landwirtschaft hat über die Jahre zur Reduktion von Baumbeständen auf Feldern geführt. Dabei haben Bäume eine wichtige Rolle bei der Reduzierung von Nitratbelastung im Boden, da sie in der Lage sind, Nährstoffe effektiver zu nutzen und zurück an die Oberfläche zu bringen.

Das Konzept von Agroforstsystemen, das die Kombination von Forstwirtschaft und Ackerbau beschreibt, ist ein innovativer Ansatz zur Bekämpfung der Nitratbelastung. Hierbei werden Baumstreifen aus schnellwachsenden Arten wie Pappeln und Weiden auf Feldern intergiert. Diese Bäume, die alle vier bis sechs Jahre geerntet werden, tragen dazu bei, die Bodenqualität zu verbessern und die Nitrate zurückzuhalten. Gülzow erklärt, dass in der Umgebung der Baumreihen häufig höhere Erträge zu beobachten sind, was die allgemeine Vorstellung widerlegt, dass Bäume den Ackerbau negativ beeinflussen.

Auf dem Markt stehen den Landwirten seit Anfang 2023 Fördermöglichkeiten zur Verfügung, um Fuss- und Baumstreifen anzulegen. Jedoch scheinen die vorhandenen finanziellen Mittel und die Bedingungen für die Beantragung nicht ausreichend zu sein, um eine nennenswerte Verbreitung dieser Anbauform zu erreichen. Die Investition in Agroforstsysteme erfordert finanzielle Vorleistungen, die sich erst Jahre später in Form von Holzverkäufen amortisieren. Aus diesem Grund appelliert Gülzow an die hessische Regierung, die Unterstützungsmaßnahmen zu überdenken und zu verbessern.

Nachhaltige Landwirtschaft für die Zukunft

Die Implementierung von Agroforstsystemen könnte somit nicht nur zur Verbesserung der Wasserqualität, sondern auch zur Förderung des Klimaschutzes und zur Erhalt der Artenvielfalt beitragen. Diese Systeme verbinden ökologisches Denken mit ökonomischen Überlegungen und schaffen Raum für ein nachhaltiges Landmanagement. Gülzow betont, dass es entscheidend ist, die Landwirte in Hessen bei der Umsetzung solcher Projekte zu unterstützen, um langfristig positive Veränderungen im Grundwasserhaushalt zu erreichen.

Die Nitratbelastung im Grundwasser ist ein zentrales Umweltthema in Deutschland, das sowohl gesundheitliche als auch ökologische Auswirkungen hat. Nitrat, hauptsächlich aus der Landwirtschaft, gelangt ins Grundwasser und kann in hohen Konzentrationen gesundheitsschädlich für Menschen sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, dass der Nitratgehalt im Trinkwasser 50 mg/l nicht überschreiten sollte. Diese Empfehlung bildet die Grundlage für die europäischen Richtlinien und die nationalen Gesetze zur Trinkwasserversorgung und Gewässerschutz.

In Deutschland wird das Problem der Nitratbelastung durch Intensive Landwirtschaft, insbesondere durch den Einsatz von mineralischem Dünger, verstärkt. Dies führt nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Wasserqualität, sondern hat auch langfristige Folgen für die Biodiversität und die Bodenfruchtbarkeit. Ein umfassendes Handeln ist notwendig, um diese Herausforderungen zu bewältigen, wobei verschiedene Strategien wie Agroforstsysteme eine wichtige Rolle spielen können.

Agroforstsysteme als Lösung

Agroforstsysteme bieten jedoch eine vielversprechende Lösung zur Reduzierung der Nitratbelastung im Grundwasser und zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Praktiken. Die Kombination von Baumstreifen und Ackerbau fördert nicht nur die Nährstoffretention im Boden, sondern bietet auch einen Lebensraum für viele Arten und trägt zur Erhöhung der Biodiversität auf landwirtschaftlich genutzten Flächen bei. Studien zeigen, dass Agroforstsysteme in der Lage sind, die Bodenfeuchtigkeit zu erhöhen und den Erosionsschutz zu verbessern.

Darüber hinaus tragen diese Systeme zur Kohlenstoffbindung bei, was einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels leistet. Durch die Einpflanzung von Bäumen auf Feldern können Landwirte auch neue Einkommensquellen erschließen, etwa durch den Verkauf von Holz oder anderen Baumprodukten.

Die Politik ist gefordert, mehr Fördermittel zur Verfügung zu stellen, um Landwirte bei der Umstellung auf solche nachhaltigen Systeme zu unterstützen. Es ist entscheidend, dass zusätzliche Anreize geschaffen werden, damit Landwirte ihre Ängste bezüglich der finanziellen Investitionen in Agroforstsysteme überwinden können. Die bisherigen Förderprogramme sollten auch überarbeitet und vereinfacht werden, um mehr Landwirte zu ermutigen, diese nachhaltigen Methoden anzuwenden.

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