Osnabrück – In einem aktuellen Gespräch der Industrie- und Handelskammer (IHK) betonten führende Vertreter, dass die Zuwanderung aus dem Ausland für die deutsche Wirtschaft von entscheidender Bedeutung ist. Beate Jakobs, Vizepräsidentin der IHK, wies darauf hin, dass der Anteil ausländischer Beschäftigter in den vergangenen zwei Jahrzehnten mehr als verdreifacht wurde, was wesentlich zum Wachstum der Erwerbstätigenzahl beigetragen hat. Trotz dieser positiven Entwicklung erweist sich das komplexe Einwanderungsrecht weiterhin als Hemmschuh. Laut Jakobs empfinden viele Unternehmen den Einwanderungsprozess als zu bürokratisch.
Die Dringlichkeit des Themas wurde auch von Vanessa Ahuja, der Vorständin für Leistungen und Internationales bei der Bundesagentur für Arbeit, unterstrichen. Sie stellte klar, dass, wenn die Zuwanderung und die ungenutzten inländischen Potenziale nicht verstärkt erschlossen werden, Deutschland bis 2035 mit einem Verlust von rund sieben Millionen Erwerbstätigen rechnen muss. Obwohl die Zuwanderung aus dem Ausland den Fachkräftemangel nicht vollständig beheben kann, würde sie doch dazu beitragen, die Situation zu verbessern.
Wachsende Zuwanderung und veränderte Herkunftsländer
Aktuell liegt die jährliche Netto-Zuwanderung bei etwa 380.000 Personen, was sich in der Nähe der angestrebten Zielmarke von 400.000 bewegt. Allerdings zeigt sich ein rückläufiger Trend bei der Einwanderung aus europäischen Ländern, was die Notwendigkeit verstärkt, Fachkräfte aus anderen Regionen der Welt zu gewinnen. Es wurde betont, dass die Arbeitsagenturen bereits Maßnahmen ergriffen haben, um die Rekrutierung und Integration von ausländischen Fachkräften zu erleichtern. Ein Beispiel dafür ist die Identifizierung von 13 Fokusländern, aus denen gezielt Arbeitskräfte nach Deutschland angeworben werden sollen. Indien wird hierbei besonders hervorgehoben, da das Land über eine große Anzahl von Arbeitskräften verfügt, die nicht vollständig im eigenen Land beschäftigt werden können.
Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass der neue Job-Turbo, eine rechtliche Grundlage zur Förderung schnellerer Arbeitseinstiege, den Zugang für Zuwanderer erleichtert. Ahuja merkte jedoch an, dass trotz dieser verbesserten Rahmenbedingungen weiterhin erhebliche Hindernisse bestehen. Oftmals fehlte es den zuständigen Behörden an Personal und technischer Ausstattung, was die schnelle Umsetzung dieser Regelungen behindert. In diesem Kontext plädierte Ahuja auch für die Schaffung zentraler Ausländerbehörden in den Bundesländern, um die Anerkennungsprozesse zu beschleunigen. Niedersachsen sei hier im Vergleich zu anderen Bundesländern rückständig, was sich negativ auf die Integration ausländischer Fachkräfte auswirkt.
Marco Graf, Hauptgeschäftsführer der IHK, stellte zudem fest, dass die IHK sich bereits seit längerer Zeit für die Einrichtung einer zentralen Ausländerbehörde einsetzt. Dies würde nicht nur die Kommunen entlasten, sondern auch die gesamten Anerkennungsprozesse effizienter gestalten. Eine solche Behörde sollte mit umfassenden Kompetenzen ausgestattet werden, um den neuen Einwanderern einen reibungsloseren Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen.