Gaza – Inmitten von andauernden Konflikten im Gazastreifen rücken die gesundheitlichen Bedürfnisse der Bevölkerung zunehmend in den Fokus. UN-Vertreter und Organisationen fordern dringend Maßnahmen zur Bekämpfung eines Polio-Ausbruchs, der vor allem Kinder in der Kriegsregion betrifft. Louisa Baxter, die Leiterin der Notfall-Gesundheitseinheit von Save the Children, gab in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu verstehen, dass ohne sofortige Präventionsmaßnahmen die Krankheit nicht nur lokale, sondern globale Gesundheitsanstrengungen gefährden könnte. Sie betonte, dass der aktuelle Ausbruch, bereits spürbar im Gazastreifen, eine ernsthafte Bedrohung darstellt.
Die bevorstehende Impfkampagne, die Ende August starten soll, könnte die Situation entschärfen. Laut Baxter sind mehr als 50.000 Kinder seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen geboren worden und haben oft keinen Zugang zu notwendigen Impfungen. Die Verbreitung von Polio, einer Krankheit, die schwerwiegende Lähmungen verursachen kann und häufig über verunreinigtes Wasser übertragen wird, ist durch das stark beeinträchtigte Gesundheitssystem im Gazastreifen besonders alarmierend. Baxter warnt: „Das dezimierte Gesundheitssystem ist vollkommen unvorbereitet, um dieser neuen Polio-Krise zu begegnen.”
Verhandlungen über Waffenruhe in Kairo
In Kairo finden derzeit intensive Verhandlungen über eine mögliche Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas statt. Ein israelisches Verhandlungsteam ist in der ägyptischen Hauptstadt, um Lösungen für die anhaltenden Konflikte zu finden. Melden zufolge könnten auch US-Delegierte an diesen Gesprächen beteiligt sein. Ein israelischer Regierungssprecher erklärte, die Verhandlungen stünden in direkter Verbindung mit den schwierigen Bedingungen vor Ort.
Ein zentrales Thema der Gespräche ist die Freilassung von Geiseln, die von der Hamas in Gewahrsam gehalten werden, sowie die Forderung nach palästinensischen Häftlingen in israelischen Gefängnissen. Am Sonntag könnten die Verhandlungen möglicherweise einen Wendepunkt erreichen, falls die Hamas Bereitschaft zeigt, auf die Vorschläge der israelischen Seite einzugehen.
Streitpunkte zwischen Israel und Ägypten
Ein zentraler Konfliktpunkt ist die von Israel geforderte Kontrolle über die südliche Grenze zwischen Gaza und Ägypten, die als der sogenannte Philadelphi-Korridor bezeichnet wird. Israel befürchtet, dass die Hamas über unterirdische Tunnel Waffen schmuggelt, und pocht auf eine ständige Militärpräsenz in diesem Bereich. Der ägyptische General Israel Ziv erklärte unter Berufung auf offizielle Berichte, dass es ein „Krisen-Misstrauen“ zwischen Israel und Ägypten gibt, das die Verhandlungen ernsthaft belastet.
Meldungen legen nahe, dass Israel Beobachtungstürme in dem Korridor errichten möchte, um den Fluss von Waffenschmuggel zu überwachen, doch Ägypten lehnt diese Vorschläge ab. Ägyptische Quellen argumentieren, dass diese Türme eine permanente Militärpräsenz Israels bedeuten würden und somit gegen den ägyptisch-israelischen Friedensvertrag von 1979 verstoßen könnten, der die stationierung militärischer Ausrüstung in dieser Zone verbietet. Israel hingegen sieht die Notwendigkeit, um zukünftige Angriffe durch die Hamas zu verhindern.
Die Spannungen könnten sich weiter zuspitzen, da die Hamas eine vollständige Rückverlegung der israelischen Truppen aus dem Gazastreifen fordert. Laut Berichten befürchtet die internationale Gemeinschaft, dass der Gegensatz zwischen diesen Parteien die Möglichkeit auf Frieden in der Region stark beeinträchtigen könnte. Daniel Kurtzer, ein ehemaliger US-Botschafter in der Region, ist skeptisch, ob eine schnelle Lösung in Sicht ist, und merkt an, dass eine Einigung zwischen Ägypten und Israel immer wahrscheinlicher wird, während die Möglichkeiten einer Übereinstimmung mit der Hamas ungewiss bleiben.
Sorge vor Eskalation in der Region
Die aktuelle Lage ist angespannt und könnte zu einer weiteren Eskalation in der Region führen. Medienberichten zufolge stehen die Verhandlungen kurz vor dem Scheitern, ohne dass alternative Lösungen in Sicht sind. Besorgniserregend ist die Möglichkeit, dass zusätzliche konfliktuelle Akteure, wie der Iran oder die Hisbollah, sich in die Situation einmischen und Vergeltungsmaßnahmen gegen Israel androhen.
Die anhaltenden Kämpfe und die menschlichen Tragödien, die sich daraus ergeben, machen deutlich, dass die Weltgemeinschaft gefordert ist, für eine Lösung zu arbeiten, die nicht nur den Frieden im Gazastreifen, sondern auch die Gesundheit der gefährdeten Kinder sichert. Die Herausforderung, den Ausbruch von Polio zu verhindern und gleichzeitig einen Waffenstillstand zu erzielen, bleibt eine der komplexesten Aufgaben in dieser kritischen Zeit.
Politische und soziale Kontexte im Gazastreifen
Der Gazastreifen befindet sich seit Jahren in einer schweren humanitären Krise, die durch politische Spannungen und militärische Konflikte geprägt ist. Das Gebiet ist seit 2007 von der islamistischen Organisation Hamas kontrolliert und steht im Zentrum eines langwierigen Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern. Dieser Konflikt hat tiefe historische Wurzeln, die bis in die Gründung des Staates Israel zurückreichen, als die Spannungen zwischen jüdischen und arabischen Gemeinschaften zunahmen.
Die wirtschaftliche Lage im Gazastreifen ist katastrophal. Hohe Arbeitslosigkeit, eingeschränkter Zugang zu Bildungs- und Gesundheitsdiensten sowie ständige Angst vor gewaltsamen Auseinandersetzungen prägen das Leben der fast zwei Millionen Menschen, die in diesem engen Küstenstreifen leben. Die ständigen militärischen Auseinandersetzungen, einschließlich der israelischen Luftangriffe, haben die Infrastruktur erheblich beschädigt und das Gesundheitssystem nahezu auf den Nullpunkt gebracht.
Gesundheitssystem und die Polio-Pandemie
Das Gesundheitswesen im Gazastreifen ist aufgrund der politischen Instabilität und der wiederholten Konflikte stark beeinträchtigt. Laut dem Gesundheitsministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde war die Gesundheitsversorgung bereits vor dem aktuellen Konflikt stark eingeschränkt. Die Patientenversorgung wird durch Mangel an Medikamenten, medizinischem Personal und angemessenen Einrichtungen beeinträchtigt. Diese Umstände machen die Bevölkerung besonders anfällig für Epidemien, wie den aktuellen Polio-Ausbruch.
Wenn man die Ausbreitung von Polio betrachtet, ist es entscheidend, dass Impfkampagnen unter solchen Krisenbedingungen durchgeführt werden. Entsprechend den Berichten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) könnte der aktuelle Ausbruch in Gaza nicht nur die Erkrankungsrate vor Ort erhöhen, sondern auch europaweit und darüber hinaus Folgen haben, wenn eingeschleppte Fälle in andere Länder gelangen.
Aktuelle Statistiken zur Gesundheit in Gaza
Eine aktuelle Studie von UNICEF über den Gesundheitszustand der Kinder im Gazastreifen zeigt besorgniserregende Zahlen: Etwa 30 % der Kinder unter fünf Jahren sind schwer unterernährt, und die Impfquote liegt weit unter den globalen Standards. In einem Gebiet, in dem mehr als 50.000 Neugeborene seit Kriegsbeginn keinen Zugang zu grundlegenden Impfungen hatten, verdeutlichen diese Zahlen die Dringlichkeit, sofortige Maßnahmen zu ergreifen.
Zusätzlich hat ein Bericht von Save the Children hervorgehoben, dass die Zahl der bestätigten Polio-Fälle im Gazastreifen in den letzten Monaten gestiegen ist. Dies könnte auf die ungenügende Immunisierung der Kinder hinweisen. Laut WHO erstreckt sich der Ausbruch von COVID-19 in der Region über Polio hinaus, wodurch Gesundheitsressourcen zusätzlich belastet werden und die bereits geplagten Systeme weiter überlastet werden.