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Mehr Wohnraum durch kluge Planung: Hochhäuser sind nicht die einzige Lösung

Angesichts des Platzmangels in Bayern diskutieren Experten wie Mark Michaeli von der TU und Stadtanthropologin Genz, ob der Bau von Hochhäusern die Lösung zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums in Städten wie München ist, während sie alternative Konzepte wie die optimierte Blockrandbebauung in Betracht ziehen.

Der Wohnungsengpass in Bayern wirft interessante Fragen auf, insbesondere wenn es darum geht, wie mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Mark Michaeli von der Technischen Universität zeigt auf, dass eine Erhöhung der Gebäudestufen möglicherweise mehr Raum für die Bevölkerung bietet. Aber bedeutet das wirklich, dass wir mehr Hochhäuser brauchen? Die Antwort ist komplizierter und geht über einfache Lösungen hinaus.

Die bayerische Landesbauordnung definiert Gebäude ab einer Höhe von 22 Metern als Hochhäuser. Dabei ist es wichtig festzustellen, dass Hochhäuser allein keine Antwort auf die Wohnungsproblematik darstellen, betont die Stadtanthropologin Carolin Genz. Laut Genz sind der Bau und die Instandhaltung solcher Gebäude oft mit hohen Kosten verbunden. In der Regel entstehen in den oberen Stockwerken Eigentumswohnungen, was es schwierig macht, eine ausreichende Zahl an bezahlbaren Apartments zu schaffen.

Effiziente Alternativen zur Hochhausbauweise

Ein anderer Blickwinkel auf das Thema Wohnraum bietet die Idee der Blockrandbebauung. Michaeli stellt fest, dass ein gut geplantes urbanes Blockrandkonzept in Städten wie München gleich hohe Bebauungsdichten wie Hochhäuser erreichen kann. Diese Bauweise besteht darin, dass mehrere mehrgeschossige Gebäude einen gemeinsamen Innenhof umgeben. Dennoch geht Michaeli weiter und erklärt: „Optimierte Blockrandbebauung bedeutet nicht, nur vier Geschosse zu planen, sondern geht eher in Richtung acht Geschosse, also annähernd an die Grenze zum Hochhaus.“ Dies stellt bereits eine erhebliche Verdopplung der durchschnittlichen Gebäudehöhe in München dar.

Es bleibt jedoch zu bedenken, dass eine ausschließliche Fokussierung auf Blockrandbebauung den öffentlichen Raum stark einschränken kann. Michaeli hebt hervor, dass Menschen auch Platz für Freizeitaktivitäten benötigen, etwa für Spielplätze oder Parks. Daher könnte es in bestimmten städtischen Gebieten sinnvoll sein, Hochhäuser zu errichten, besonders wenn Grundstücke nur schwer zu erreichen sind. Hierbei spricht er von Hochhäusern mit einer Höhe von bis zu 20 Stockwerken. Größere Bauprojekte bringen jedoch logistische Herausforderungen mit sich, wie den Zugang für Rettungsdienste.

Die Bedeutung der Bestandsnutzung

Ein weiterer wichtiger Aspekt in der Diskussion um Wohnraum ist die Nutzung bereits vorhandener Gebäude. Michali weist darauf hin, dass eine Erhöhung der Geschossanzahl bestehender Häuser bereits einen signifikanten Unterschied bewirken könnte. Dies ist allerdings nicht überall erlaubt und stößt auf gesetzliche Hürden, wie in §34 des Baugesetzbuches festgelegt. Diese Regelung verlangt, dass Neubauten sich in die Eigenart der Umgebung einfügen, was oft die Schaffung innovativer Wohnkonzepte erschwert.

Die Anforderungen an neue Wohnräume sollten auch die sich verändernden Bedürfnisse der Bevölkerung berücksichtigen. Carolin Genz betont, dass Grundrisse flexibler gestaltet werden müssen, um sich an verschiedene Lebenssituationen und wechselnde Wohnungsnachfragen anpassen zu können. Dies ist besonders relevant, wenn man an die steigende Zahl von Menschen denkt, die urbanes Wohnen bevorzugen.

Die Erkenntnis ist, dass Hochhäuser zwar den Wohnraummangel potenziell verkleinern können, jedoch nur in bestimmten Kontexten und nicht als universelle Lösung betrachtet werden sollten. Es braucht eine durchdachte, vielfältige Mischung aus verschiedenen Bauformen sowie eine ganzheitliche Planung der sozialen Infrastruktur – von Supermärkten bis hin zu Gesundheitszentren – um die Lebensqualität in urbanen Gebieten zu steigern.

Den urbanen Raum nachhaltig gestalten

Die Zukunft des Wohnens in Bayern verlangt nach innovativen Ansätzen, die über die traditionellen Hochhauskonzepte hinausgehen. Es könnte ein Weg gefunden werden, um sowohl Dichte als auch Raum für Gemeinschaft zu gestalten. Dabei ist die Kombination aus optimierter Blockrandbebauung und durchdachten Hochhausprojekten ein vielversprechender Ansatz. Letztlich müssen die Bedürfnisse der Stadtbewohner, die Infrastruktur und die Nutzung des vorhandenen Raumes in Einklang gebracht werden, um eine lebenswerte und nachhaltige Stadt zu schaffen.

Die Diskussion um den Wohnungsbau in städtischen Gebieten ist eng mit der Frage der Flächennutzung und der Verfügbarkeit von Wohnraum verknüpft. In vielen deutschen Städten, besonders in Metropolen wie München, Hamburg und Berlin, sehen sich Bürger und Politik einem steigenden Bedarf an Wohnraum gegenüber. Die wachsende Bevölkerung und die Urbanisierung führen dazu, dass der Druck auf den Wohnungsmarkt steigt. Dieses Phänomen ist nicht nur in Deutschland, sondern auch international zu beobachten.

Ein entscheidender Faktor in dieser Debatte ist die Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt. Laut dem [Statistischen Bundesamt](https://www.destatis.de) stiegen die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland im Jahr 2022 im Durchschnitt um 9,9 %. Dies betrifft insbesondere innerstädtische Lagen, wo die Nachfrage hoch und das Angebot begrenzt ist. Besonders Familien mit mittleren Einkommen haben Schwierigkeiten, geeigneten Wohnraum zu finden, was zu einem wachsenden sozialpolitischen Problem führt.

Die Rolle der Politik und des sozialen Wohnungsbaus

Die politische Ausrichtung spielt eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung der Wohnverhältnisse in deutschen Städten. Die Gesetze und Vorschriften, die den Wohnungsbau regeln, müssen sowohl den wirtschaftlichen Druck auf die Mieten als auch die soziale Verantwortung der Stadtentwicklung berücksichtigen. Insbesondere der soziale Wohnungsbau ist ein zentrales Thema. Nach Angaben des [Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen](https://www.bmwsb.bund.de) wurden 2021 rund 25.000 neue Sozialwohnungen gebaut, was zwar eine Verbesserung darstellt, jedoch weit hinter dem tatsächlichen Bedarf zurückbleibt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Förderung von genossenschaftlichem Wohnungsbau. Dieser Ansatz ermöglicht es, Wohnraum zu schaffen, der nicht den spekulativen Zwängen des Marktes unterworfen ist, sondern sich nach den Bedürfnissen der Bewohner richtet. Genossenschaften bieten oft langfristig stabile Mietpreise und eine Mitsprache der Bewohner bei der Gestaltung des Wohnraums.

Technologische Innovationen im Wohnungsbau

Die Technologisierung des Bauwesens könnte ebenfalls dazu beitragen, Wohnraum effizienter zu schaffen. Innovative Bauverfahren wie Modulbau und 3D-Druck bieten neue Möglichkeiten, Wohnraum kostengünstig und schnell zu erstellen. Laut einer Studie des [Fraunhofer Instituts](https://www.fraunhofer.de) könnten durch den Einsatz solcher Technologien die Bauzeiten um bis zu 40 % verkürzt werden, was auch zu einer Reduzierung der Kosten führen könnte.

Darüber hinaus könnte die Digitalisierung einen Einfluss auf die Planung und Nutzung des urbanen Raums haben. Mit Hilfe von Smart City-Technologien können städtische Infrastrukturen besser überwacht und gesteuert werden, was dazu beitragen könnte, den Ressourcenverbrauch zu optimieren und die Lebensqualität in den Städten zu erhöhen. Konzepte wie digitale Zwillinge von Stadtteilen ermöglichen eine präzisere Bedarfsermittlung und Planung neuer Wohnbauprojekte.

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