Im Jahr 1899 wagten zwei Brüder, Paul und Otto Fromm, den mutigen Schritt, in der kleinen Stadt Schwartau eine chemische Fabrik zu gründen. Dies war eine Zeit, in der die industrielle Herstellung von Marmelade noch ein unerfüllter Traum war. Doch die strategische Lage des Ortes, der durch Eisenbahnen und Wasserwege gut angebunden war, sowie die Zollvorteile, die der dänische Zoll ermöglichte, boten ideale Voraussetzungen für den unternehmerischen Start.
Mit einem klaren Fokus auf die Produktion von Marmelade, die erst nach der Umstellung von Fußbodenprodukten auf Obstkonserven im Jahr 1907 Realität wurde, legten die Brüder Fromm den Grundstein für das, was später zu den Schwartauer Werken werden sollte. Dieser Wechsel zeugt von einem unternehmerischen Gespür, das zum Blühen eines neuen Marktes führte, als Obst in großen Mengen produziert und effizient transportiert wurde. Durch die frühen Züchtungen von Zuckerrüben wurde die Herstellung von Marmelade wirtschaftlicher. Dies war der Beginn einer Erfolgsgeschichte, die trotz der Herausforderungen in den ersten Jahrzehnten, darunter die beiden Weltkriege, weiterging.
Die Transformation der Schwartauer Werke
Die Schwartauer Werke überstanden nicht nur wirtschaftliche Schwierigkeiten, sondern adaptieren sich auch kontinuierlich an die veränderten Zeiten. Historische Aufzeichnungen zeigen, dass die Fabrik während des Zweiten Weltkriegs auf Zwangsarbeiter zurückgriff, um die Produktionslinien am Laufen zu halten. Diese arbeiteten häufig unter extremen Bedingungen, während die deutschen Arbeiter an der Front waren. Die genauen Umstände dieser Zeit bleiben weitgehend im Dunkeln, da nur wenige Dokumente überliefert sind.
Nach dem Krieg war es dann höchste Zeit für eine umfassende Modernisierung. Die Maschinen wurden automatisiert, und die Produktpalette wurde auf neue Entwicklungen angepasst, darunter Honig, Bonbons und Müsliriegel. Diese Anpassungen trugen dazu bei, die Schwartauer Werke als Innovationsführern in der Lebensmittelbranche zu positionieren.
Die historische Betrachtung der Schwartauer Werke bleibt jedoch nicht ohne Kontroversen. Der Historiker Max Schlenker bezeichnete die Führungsebene während der nationalsozialistischen Zeit als „Opportunisten“. Er dokumentierte, wie das Unternehmen in Zeiten des Drucks, Aufträge zu sichern, auch problematische Entscheidungen traf, wie die Entfernung eines jüdischen Bankiers aus dem Aufsichtsrat, um den geschäftlichen Interessen nicht im Weg zu stehen.
Das 125-jährige Bestehen der Schwartauer Werke ist auch eine Chance, sich mit dieser komplexen Geschichte auseinanderzusetzen. Trotz aller Schwierigkeiten und ethischen Herausforderungen, die das Unternehmen in seiner Geschichte konfrontiert hat, bleibt es ein Symbol für deutsche Innovationskraft und unternehmerischen Erfolg.
Ein Markenzeichen im Herzen Deutschlands
Die Schwartauer Werke sind nicht nur ein Familienunternehmen, das mehr als ein Jahrhundert überdauert hat, sondern auch der größte Produzent für Konfitüren in Deutschland und Teil des Hero-Konzerns der Oetker-Gruppe. Heute arbeiten etwa 960 Mitarbeiter in der modernen Produktionsstätte und stellen nicht nur Marmelade her, sondern sind auch für eine Vielzahl von anderen Produkten bekannt.
Darüber hinaus muss das Unternehmen auch aktuelle Herausforderungen bewältigen, wie einen Vorfall im Jahr 1997, bei dem die Schwartauer Werke mit vergifteten Marmeladengläsern erpresst wurden. Die schnelle Reaktion auf diese Krise und das Vertrauen in die Qualität ihrer Produkte ermöglichten dem Unternehmen, sich nach diesem Schock relativ schnell zu erholen.
Die Schwartauer Werke sind ein Beispiel dafür, wie ein Unternehmen mit einer starken Vision und Antrieb auch nach vielen Jahrzehnten noch erfolgreich sein kann. Die Essenz dieser Vision, eine hohe Qualität bei der Marmeladenproduktion und die ständige Anpassung an moderne Anforderungen, hat nicht nur die Grenzen von Schleswig-Holstein überschritten, sondern auch den Weg für die Märkte in ganz Deutschland geebnet.