Die Notaufnahme eines Krankenhauses ist für jeden Elternteil eine belastende Situation, besonders wenn das eigene Kind schwer erkrankt ist. Was jedoch noch mehr Stress mit sich bringt, ist die Sprachbarriere zwischen den mehrsprachigen Familien und dem medizinischen Personal. In Deutschland ist dies keine Seltenheit, und die Herausforderungen, die sich aus dieser Unkenntnis ergeben, sind erheblich. Laut der Bundesärztekammer ergeben Studien, dass in 10 bis 30 Prozent der Fälle, in denen Patienten mit Migrationshintergrund auf Ärzte treffen, Verständigungsschwierigkeiten auftreten.
Fabian Bärtling, Oberarzt im Christlichen Kinderhospital Osnabrück, schildert diese Problematik aus erster Hand. „Entweder muss man sich mit Händen und Füßen verständigen, oder man hat das Glück, dass jemand im Personal eine zweite Fremdsprache spricht“, erklärt er. Beide Szenarien sind suboptimal, und auch digitale Übersetzungs-Apps bieten keine echte Lösung, wenn es darum geht, sensiblen medizinischen Sachverhalte richtig zu kommunizieren.
Eine Lösung für die Sprachbarrieren
Seit kurzem hat die Kinderklinik in Osnabrück eine medizinische Dolmetscher-Hotline eingerichtet, die von dem gemeinnützigen Unternehmen Triaphon angeboten wird. Über eine zentrale Telefonnummer können Angehörige jederzeit — Tag und Nacht — einen Dolmetscher erreichen, indem sie die gewünschte Sprache auswählen. „Es meldet sich direkt jemand, der übersetzen kann, ohne aufwendige Vermittlung“, sagt Marthe Hammer, Geschäftsführerin von Triaphon. Diese Initiative hat bisher 130 Übersetzer im ganzen Land mobilisiert und sorgt dafür, dass eine Vielzahl von Sprachen abgedeckt wird, darunter die klassischen Fluchtsprachen wie Arabisch, Persisch, und Türkisch.
Diese Sprachmittler sind anonym und sehen nicht, aus welcher Klinik der Anruf stammt, was die Vertraulichkeit der Gespräche gewährleistet. Die Notwendigkeit einer genauen Kommunikation ist speziell in kritischen Situationen entscheidend, betont Bärtling. Eine korrekte Informationsübermittlung von den Eltern ist fundamental, besonders bei schwerwiegenden Erkrankungen, wo es um Temperaturschwankungen oder andere Symptome geht, die den Verlauf einer Behandlung maßgeblich beeinflussen.
Gesellschaftliches Potenzial und Herausforderungen
Mit etwa 170 Einrichtungen, die den Triaphon-Dienst bereits nutzen, darunter auch Arztpraxen, hat das Unternehmen großes gesellschaftliches Potenzial. Die Gründung im Jahr 2017 durch einen Arzt und eine Kinderärztin zielte darauf ab, die vielen zweisprachigen Menschen in Deutschland als Ressource zu nutzen, um dem steigenden Bedarf an Dolmetschern in medizinischen Einrichtungen gerecht zu werden. Doch trotz der positiven Ansätze und unermüdlichen Arbeit gibt es noch wichtige Hürden zu überwinden.
Eine der größten Herausforderungen bleibt die Finanzierung der Dolmetscherdienste. Finanzierungsmöglichkeiten über die Krankenkassen stehen derzeit nicht zur Verfügung, da diese die Kosten als gesellschaftliche Aufgabe ansehen, die in die Integrationspolitik einfließen müsse. Die Ampelregierung hat zwar im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Dolmetscherdienste Teil des Sozialgesetzbuches V werden sollen, doch bis zur Umsetzung dieser Pläne bleibt unklar, wie die Finanzierung im Alltag geregelt werden kann.
Die Deutsche Ärztetag hat bereits gefordert, dass die Gesetzgebung diesbezüglich so schnell wie möglich vorangetrieben wird. Laut Mark Berger, dem stellvertretenden Pressesprecher der Bundesärztekammer, ist es wichtig, dass hier konkrete Schritte unternommen werden, um die sprachliche Barriere in der medizinischen Versorgung abzubauen.
Das gesamte System ist, wie in vielen Bereichen, unter Druck. In der aktuellen finanziellen Situation der Kliniken, in der viele Einrichtungen vor Insolvenz stehen, könnte eine fruchtbare Zusammenarbeit mit Dolmetschern für bessere Verständigung und eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung entscheidend sein.