Krisenzeiten für die Tiefsee – Unbekannte Folgen der Ozeanversauerung
Die Diskussion um die Versauerung der Ozeane ist in vollem Gange, aber die tatsächlichen Auswirkungen sind schwer greifbar. Die steigende Konzentration von gelöstem Kohlendioxid kann nicht nur Schalen von Meereslebewesen auflösen, sondern auch die Korrosion von Fischschuppen verursachen. Sogar Haie sind davon betroffen. Darüber hinaus leiden planktonische Organismen mit Kalkschalen wie Coccolithophoriden und schwebende Schnecken unter den verheerenden Auswirkungen. Das Alfred Wegener-Institut bezeichnet die Ozeanversauerung sogar als den bösen Zwillingsbruder der Ozeanerwärmung, der aus dem menschlichen CO2-Ausstoß resultiert.
Ein noch weniger beachteter Aspekt ist die zunehmende Versauerung in der Tiefsee. In den extremen Tiefen der Ozeane, unterhalb von 4000 Metern, breitet sich eine saure Zone aus. Durch hohe Drücke, niedrige Temperaturen und hohe CO2-Konzentrationen entsteht dort ein lebensfeindliches Milieu. In diesen Tiefen löst sich Kalziumkarbonat nicht mehr, was dazu führt, dass kalkige Sedimente und Strukturen zerstört werden. Dies hat weitreichende Konsequenzen für das marine Ökosystem in der Tiefsee.
Prof. Mark John Costello und Prof. Peter Townsend Harris veröffentlichten 2023 gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern Erkenntnisse über den Anstieg der sogenannten Karbonatkompensations-Tiefe und dessen Auswirkungen. Seit der Industrialisierung ist diese Tiefe durchschnittlich um 98 Meter gestiegen, was einem Zuwachs des Meeresbodens von 3,6% in den letzten 200 Jahren entspricht. Die CCD verlagert sich unterschiedlich stark in verschiedenen Meeresgebieten, wobei der westlich-äquatoriale Atlantik am stärksten betroffen ist. Diese Veränderung gefährdet zahlreiche marine Lebensräume und Arten, da kalkige Strukturen chemisch instabil werden und zerstört werden können.
Besonders besorgniserregend ist die Feststellung einer internationalen Arbeitsgruppe von Tiefseeexperten, dass die CCD auch eine biologische Grenze darstellt, die den Lebensraum für verschiedene Meeresbewohner einschränkt. Die Erforschung der Clarion Clipperton Zone (CCZ) im nordöstlichen Pazifik hat gezeigt, dass über und unterhalb der CCD unterschiedliche Lebensräume existieren, die stark von den geologischen Bedingungen beeinflusst werden. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Dringlichkeit des Schutzes dieser sensiblen Ökosysteme.
Die CCZ ist zunehmend von Tiefseebergbauaktivitäten betroffen, da die reichen Vorkommen an Polymetallknollen ein attraktives Ziel darstellen. Diese wertvollen Ressourcen locken nicht nur verschiedene Lebensformen an, sondern bergen auch die Gefahr einer umfassenden Zerstörung der Tiefseeumgebung. Angesichts des langsamen Wachstums und der empfindlichen Natur der Tiefseetiere könnte eine Wiederbesiedlung der zerstörten Gebiete Jahrtausende dauern, falls sie überhaupt möglich ist.
Die fortschreitende Versauerung der Ozeane stellt eine ernste Bedrohung für die marine Biodiversität dar. Durch den Verlust von lebensnotwendigen Ressourcen und die Veränderung von Habitaten werden zahlreiche Arten in Mitleidenschaft gezogen. Insbesondere ozeanische und Inselstaaten sind von den Auswirkungen betroffen, wobei Bermuda als besonders gefährdet gilt. Der Rückgang der Meeresproduktivität und die Veränderungen im Nahrungsnetz haben weitreichende Konsequenzen für die Fischerei und die Ernährungssicherheit vieler Länder.
Es ist entscheidend, dass die Öffentlichkeit über die zunehmenden Gefahren der Ozeanversauerung informiert wird. Die aktuellen Erkenntnisse von Prof. Costello und Prof. Harris verdeutlichen die Dringlichkeit von Maßnahmen zum Schutz der Ozeane. Es ist an der Zeit, dass Regierungen und internationale Organisationen gemeinsam handeln, um die negativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt einzudämmen und langfristig zu bekämpfen.
– NAG