Ein segelndes Abenteuer für sozial benachteiligte Kinder am Ammersee könnte als Musterbeispiel für die Stärkung von Gemeinschaft und Eigenverantwortung gelten. Der kürzlich durchgeführte kostenlose Segelkurs des Bayerischen Seglervereins (BSV) in Zusammenarbeit mit der Münchner Steuerberatungsgesellschaft Terratax hat acht Kindern und Jugendlichen des Sonderpädagogischen Förderzentrums München Mitte I (SFZ) die Möglichkeit gegeben, eine völlig neue Erfahrung zu machen.
Einblick in das Programm
Der Kurs, der unter dem Motto „Zusammen gwind“ steht, bietet nicht nur praktische Segelausbildung, sondern auch wertvolle Lektionen in Teamarbeit und Selbstbewusstsein. Am ersten Tag des Dreitagesprogramms erhielten die Teilnehmer grundlegende Kenntnisse über die Segelsprache und erste praktische Übungen mit den klassischen Seemannsknoten. Jörg Heinemann, Schatzmeister der BSV und leidenschaftlicher Segler, führte die Kinder behutsam an das Segeln heran und war überrascht von ihrer schnellen Auffassungsgabe.
Grenzen überschreiten und Urlaubsgefühle erleben
Für viele der Kinder ist dies der erste Kontakt mit einem See und der Natur außerhalb ihres gewohnten Umfelds. Schulleiterin Karin Güthler betont die Wichtigkeit solcher Erlebnisse. „Einige von ihnen haben noch nie die Berge gesehen“, sagt sie und hebt hervor, wie solche Ausflüge die Eigenverantwortung stärken und die Gemeinschaft fördern.
Praktisches Lernen auf dem Wasser
Die Kinder hatten die Gelegenheit, verschiedene Bootsklassen zu erleben, einschließlich Jollen und Yachten. Diese praktische Erfahrung war für viele von ihnen beeindruckend und stellte sich als eine Art Urlaub dar. Felix, ein 17-jähriger Teilnehmer, bemerkte den ruhigen Rahmen, den das Segeln bot, und Franzi, 13 Jahre alt, erklärte, dass es sich wie ein echter Urlaub angefühlt habe. „Es war nicht so viel Lärm wie in der Klasse“, fügte Felix hinzu.
Ein Schritt zur Selbstständigkeit
Die Bedeutung solcher Kurse geht jedoch über das bloße Vergnügen hinaus. Lehrerinnen wie Sabrina Winter-Altpeter erkennen den Wert des „Trial-and-Error“-Prinzips im Segeln, das den Kindern hilft, Problemlösungsfähigkeiten zu entwickeln und Selbstvertrauen zu gewinnen. „Sie lernen, mit eigenen sowie fremden Fehlern umzugehen“, sagt sie.
Herausforderungen im Bildungssystem
Obwohl das SFZ in der Lage ist, wertvolle Programme wie diesen Segelkurs anzubieten, gibt es an der Schule erhebliche strukturelle Herausforderungen, die einer breiteren Teilnahme im Wege stehen. Der stellvertretende Schulleiter Peter Kaiser weist darauf hin, dass der Platz im Gebäude nicht ausreicht, um der hohen Nachfrage nach neuen Plätzen gerecht zu werden. Ein verbessertes IT-System ist ebenfalls notwendig, um den Schülern Medienkompetenz zu vermitteln, was im Digitalzeitalter unerlässlich ist.
Politische Unterstützung für benachteiligte Schüler
Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden, plant die Bundesregierung, das „Startchancen-Programm“ zu unterstützen, das mit zehn Milliarden Euro Schulen helfen soll, in denen es einen hohen Anteil an benachteiligten Schülern gibt. „Das Aufstiegsversprechen soll erneuert werden“, erklärte Christian Dürr, FDP-Fraktionsvorsitzender. Die Schulgemeinschaft des SFZ würde sich freuen, von diesen Mitteln zu profitieren.
Der Segelkurs am Ammersee stellt ein wichtiges Beispiel dafür dar, wie praxisorientierte Programme Kinder nicht nur unterrichten, sondern auch das Selbstbewusstsein stärken können, und bietet Einblicke in die dringend erforderlichen Veränderungen im Bildungssystem, um benachteiligten Schülern eine bessere Zukunft zu ermöglichen.
– NAG