Bremen

Gedenken in Bremen: 10 Jahre nach dem Völkermord an den Eziden

Die ezidische Community in Bremen gedenkt an diesem Samstag der Opfer des vor zehn Jahren im Irak begangenen Völkermords durch den IS in Shingal, um auf die anhaltenden Leiden und die Notwendigkeit internationaler Unterstützung für die Wiederherstellung ihrer Heimat aufmerksam zu machen.

Das Gedenken an den Völkermord an den Eziden ist nicht nur eine Erinnerung, sondern ein Aufruf zur Unterstützung und zur Aufklärung über die Herausforderungen, mit denen die Gemeinschaft konfrontiert ist, sowohl in Bremen als auch in der Heimat.

Die Relevanz des Gedenkens in Bremen

Am vergangenen Samstag fand im ezidischen Kulturzentrum in Bremen eine Gedenkfeier statt, die an die grausamen Ereignisse vor zehn Jahren in Shingal, Nordirak, erinnerte. Dieser Tag ist nicht nur eine Mahnung, sondern auch ein bedeutender Moment, um die aktuellen Lebensbedingungen der Eziden in Deutschland zu beleuchten. Veysi Akan, der Vorsitzende des Kulturzentrums, beschreibt die Absicht der Feier: „Wir wollen auch der Vermissten gedenken, nach denen die internationale Gemeinschaft bis heute noch nicht systematisch gesucht hat.“ Diese Feststellung verdeutlicht die anhaltenden Herausforderungen, mit denen die Gemeinschaft konfrontiert ist.

Ein Überblick über die Tragödie von Shingal

Am 3. August 2014 übernahm der IS die Kontrolle über die Stadt Shingal. Schätzungen zufolge wurden zwischen 5.000 und 10.000 überwiegend männliche Eziden ermordet, während etwa 7.000 Frauen und Mädchen Opfer sexualisierter Gewalt wurden und in die Zwangsislamisierung gezwungen wurden. Güli Tunc, Vorstandsmitglied des Kulturzentrums und Ansprechpartnerin für ezidische Frauen, erklärt die tiefe Bedeutung dieses Völkermords: „Das Ziel des IS war es, unsere Frauen zu vergewaltigen, um unsere Männer zu schwächen.“ Der Völkermord wird in der ezidischen Sprache als „Fermana Êzidîyan“ bezeichnet.

Die Auswirkungen auf die Gemeinschaft

Die Folgen des Völkermords sind bis heute spürbar. Viele der Überlebenden kämpfen mit den psychischen Narben, und es gibt Berichte über Suizide innerhalb der Gemeinschaft. Tunc betont die Notwendigkeit von mehr therapeutischen Angeboten: „Eine Therapie zu bekommen dauert aber einfach wahnsinnig lange.“ Diese Worte verdeutlichen die dringenden Bedürfnisse der Eziden, die nicht nur aus der Vergangenheit resultieren, sondern auch aus ihrer gegenwärtigen Situation in Bremen.

Integration und Herausforderungen in Deutschland

Die Integration der Eziden in Bremen stellt eine Herausforderung dar. Seit vielen Jahren ist die Gemeinschaft auf der Suche nach geeigneten Räumlichkeiten, um ihre Kultur besser pflegen zu können. Laut Akan, sind sie seit 2009 auf der Suche und fanden erst vor zwei Jahren einen kleinen Raum. „Es wäre schön und gut, wenn wir mehr Unterstützung vom Land Bremen bekämen“, sagt er und weist auf den kontinuierlichen Bedarf nach besserer Anerkennung und mehr Unterstützung hin.

Die Rolle der Gemeinschaft und die Wahrnehmung in der Gesellschaft

Die Eziden in Deutschland erleben oft Diskriminierung, was die Notwendigkeit von Aufklärung betont. Tunc und Akan berichten von einem alarmierenden Vorfall, in dem ein Islamist auf TikTok zur Gewalt gegen Eziden aufgerufen hat. Sie fordern aufklärende Maßnahmen in Schulen, um solch diskriminierenden Äußerungen entgegenzuwirken. „Wir haben versucht, das anzuzeigen, aber passiert ist nichts“, so Akan.

Kulturelle Identität und Zukunftsaussichten

Das Ezidentum hat eine einzigartige kulturelle Identität, die auf der mündlichen Überlieferung basiert. Diese wurde durch jahrhundertelange Verfolgung geprägt. Der Vorsitzende Akan und Tunc befürworten die Sammlung aller gesammelten Texte und Gebete in Lalish, der heiligen Stätte der Eziden im Nordirak. „Die neue Generation will etwas lesen. Man muss mit der Zeit gehen“, sagt Tunc und zeigt sich offen für eine Weiterentwicklung der ezidischen Traditionen.

Die Eziden in Deutschland, von denen schätzungsweise 300.000 im Land leben, sind weiterhin mit ihren Herausforderungen konfrontiert. Der Völkermord und die fortlaufenden Abschiebungsbedrohungen an die Überlebenden stellen die Notwendigkeit von Hilfe und Unterstützung in den Vordergrund. Das Gedenken an die Verstorbenen ist daher nicht nur ein Akt des Erinnerns, sondern ein Aufruf zur Solidarität und Unterstützung der Überlebenden.

Programmhinweis: Radio Bremen hat einen Dokumentarfilm zum Völkermord an den Eziden produziert, der in der ARD-Mediathek abrufbar ist.

Mehr Informationen zu den Eziden und ihrem Schicksal

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"