Die Einführung von schnellem Internet gehört heutzutage zu den grundlegenden Dienstleistungen, auf die viele Haushalte nicht verzichten möchten. Doch was passiert, wenn diese Versprechungen ihre Schattenseiten haben? Für Martin Polat aus Streekermoor wird aus einer vielversprechenden Verbindung mit der EWE in der Realität ein Albtraum. Seit Februar kämpft er um Entschädigung für erhebliche Schäden, die durch eine unglückliche Installation von Glasfaserleitungen verursacht wurden.
Im Dezember 2022 entscheidet sich der 30-Jährige, das Angebot eines großen Telekommunikationsunternehmens anzunehmen. Nach einem Gespräch mit einer Außendienstmitarbeiterin fällt seine Wahl auf die EWE, ohne zu ahnen, dass dies zu ernsthaften Problemen für ihn und seine Familie führen könnte. Ein Jahr später sind die Sorgen Realität geworden: Seine Auffahrt ist durch nachlässige Arbeiten beschädigt, und sein Haus ist zeitweise unbewohnbar geworden.
Ein Risiko wird zum Problem
Erste Bedenken kommen bei Polat auf, als im Januar 2023 ein Subunternehmen der Glasfaser Nordwest mit den Anschlussarbeiten startet. Er merkt schnell, dass es Probleme gibt: Die Arbeiter sprechen kein Deutsch, was die Kommunikation erheblich erschwert. Ein Vorarbeiter beruhigt ihn zwar mit der Aussage, dass sie genau wissen, wo die unterirdischen Rohre verlaufen, doch Polat bleibt skeptisch. “Da ich Handwerker bin, wollte ich nicht der schwierige Kunde sein und willigte ein”, erzählt er.
Die Internetverbindung funktioniert zunächst problemlos, doch als die Regensaison einsetzt, zeigen sich die ersten Anzeichen von Ärger. Am 19. Januar 2024 entdeckt Polat bei Reparaturarbeiten auf seiner Auffahrt Toilettenpapierreste, die auf eine ernste Verstopfung hinweisen. Bei näherer Inspektion findet er heraus, dass die Glasfaserleitungen die Abwasserleitungen durchbohrt haben – eine direkte Folge der jüngsten Arbeiten. “Als Handwerker nahm ich die Situation zunächst mit Humor”, erklärt er, doch dieser Humor schwindet angesichts der durch den Schaden entstehenden Kosten und des damit verbundenen Ärgers.
Zu seinem Erstaunen stellt sich bald heraus, dass auch bei seinen Nachbarn das Abwasser nicht mehr richtig abfließt. In seiner Not engagiert Polat einen Notdienst, der die Verstopfung beseitigt. Zudem schaltet er einen Rechtsanwalt ein, um die Angelegenheit rechtlich klären zu lassen. Dieser empfiehlt, den Unternehmen eine Frist von sechs Wochen zu setzen, um den Schaden zu beheben.
Die Reaktionen der Unternehmen
Während Polat sich mit den Folgen der Schäden herumschlägt, bitten wir die betroffenen Unternehmen um Stellungnahme. EWE-Konzernsprecher Mathias Radowski erklärt, dass sie keine weiteren Informationen über den aktuellen Stand des Schadens geben können und verweisen auf die Rückmeldung von Glasfaser Nordwest. Deren Pressesprecherin, Marina Zwackhoven-Beratz, räumt ein, dass das Problem durch ein Partnerunternehmen verursacht wurde. Sie zeigt sich bedauernd über die Verzögerung. „Wir befinden uns in Vergleichsverhandlungen und sind optimistisch, bald eine Lösung zu finden“, erklärt sie.
Polat hingegen empfindet großen Unmut über den Umgang der Unternehmen mit seinem Anliegen. Er berichtet, dass die Firmen versuchen, seine Rechnung zu hinterfragen, und die Kosten auf ein Minimum herunterzuschrauben. “Diese Unternehmen müssen in der Lage sein, in solchen Situationen schnell und angemessen zu reagieren”, fordert er. Für Polat steht fest, dass es nicht akzeptabel ist, wie er behandelt wird; schließlich ist es eine ernste Angelegenheit, die seine Familie betrifft.
Die Folgen für die Betroffenen
Die Situation hat für Martin Polat und seine Familie erhebliche Auswirkungen, die über die finanziellen Aspekte hinausgehen. Der Ärger über die anhaltenden Probleme und die Unsicherheit darüber, ob eine Einigung erzielt werden kann, lasten schwer auf ihnen. Der gesamte Vorfall verdeutlicht, wie wichtig es ist, dass große Konzerne Verantwortung übernehmen und im Schadensfall professionelle Lösungen anbieten.
Hintergrundinformationen zum Glasfaserausbau
Der Ausbau von Glasfasernetzen in Deutschland ist ein zentrales Element der digitalen Infrastrukturstrategie der Bundesregierung. Ziel ist es, langfristig flächendeckend Hochgeschwindigkeitsinternet bereitzustellen, und dies nicht nur in städtischen, sondern auch in ländlichen Gebieten. Der Bedarf an schnellem Internet stieg besonders während der COVID-19-Pandemie, als Homeoffice und digitales Lernen an Bedeutung gewannen. Die Förderung von Telekommunikationsunternehmen durch öffentliche Mittel soll dabei helfen, die technischen und finanziellen Hürden beim Glasfaserausbau zu überwinden.
Laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur stieg die Anzahl der Haushalte, die Zugang zu breitbandigen Internetdiensten haben, von 2017 bis 2021 erheblich. In vielen Regionen werden allerdings noch immer konventionelle Kupferkabel verwendet, die nicht die Geschwindigkeiten liefern, die für moderne Anwendungen erforderlich sind. Aktuelle Daten zeigen, dass bis 2021 etwa 36 Prozent der deutschen Haushalte über einen Anschluss mit mehr als 100 Mbit/s verfügten, was den Druck auf Telekommunikationsunternehmen und ihre Partner verstärkt, ihre Netze schneller auszubauen.
Statistiken zum Thema Internetzugang und Glasfaserausbau
Die Deutsche Telekom AG veröffentlichte im Jahr 2022 eine Studie, die ergab, dass über 80 Prozent der deutschen Bevölkerung schnelles Internet als eine entscheidende Voraussetzung für die Lebensqualität betrachten. Eine Umfrage vom Digitalverband Bitkom zeigt, dass 66 Prozent der Befragten der Ansicht sind, dass schnelleres Internet in ländlichen Regionen dringend benötigt wird. Zudem ergaben Erhebungen, dass 45 Prozent der Unternehmen in Deutschland Schwierigkeiten haben, geeignete Mitarbeiter zu finden, aufgrund unzureichender digitaler Infrastruktur. Diese Informationen verdeutlichen den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Druck, den Glasfaserausbau im Land voranzutreiben. (Quelle: Bitkom)
Darüber hinaus zeigt eine Erhebung von Statista aus dem Jahr 2023, dass in Deutschland mittlerweile über 5 Millionen Haushalte Zugang zu einem Glasfaseranschluss haben, und die Nachfrage weiterhin zunimmt. Um der Nachfrage gerecht zu werden, haben mehrere große Telekommunikationsunternehmen angekündigt, ihre Investitionen in den Glasfaserausbau erheblich zu steigern, was auf ein wachsendes Bewusstsein für die Bedeutung dieser Technologie hinweist.
Die Rolle von Partnerunternehmen im Ausbau
Bei der Umsetzung von Glasfaserprojekten arbeiten viele Telekommunikationsunternehmen mit externen Partnern und Subunternehmern zusammen, die für den physischen Ausbau zuständig sind. Diese Partnerschaften sind häufig notwendig, um die hohe Nachfrage nach schnellerem Internet zu decken, bringen jedoch Herausforderungen mit sich. Die Verantwortlichkeiten können sich über mehrere Ebenen erstrecken, was im Falle von Schäden oder Fehlleistungen zu Verwirrung und Unsicherheiten führen kann.
In dem Fall von Martin Polat illustriert, wie wichtig es ist, klare Kommunikationsstrukturen zwischen Auftraggeber und Subunternehmern zu etablieren. Der Mangel an deutscher Sprachkenntnis bei den Arbeitern des Subunternehmens zeigt, dass Sprachbarrieren in der Durchführung von technischen Arbeiten oftmals zu Missverständnissen führen können. Dies führt nicht nur zu unzureichenden Arbeiten, sondern kann auch rechtliche und finanzielle Konsequenzen für die betroffenen Anwohner haben. Experten raten daher, bei großen Infrastrukturprojekten die Qualitätskontrolle und die Kommunikation von Anfang an ernst zu nehmen, um nachträgliche Komplikationen zu minimieren.